Hanseator

Musik & Fußball

Wie sieht’s aus in Hamburg?

Hinterlasse einen Kommentar

Thees Uhlmann: 5 Nights at the Opera, 3. bis 7. Januar 2025, St.-Pauli-Theater Hamburg

Vorspiel (noch nicht) auf dem Theater

Die Planung und Vorbereitung meines persönlichen Auftaktes 2025 beginnt schon im September 2024, als ich, zunächst per Newsletter („Save the dates“), und kurz darauf, bei einer überraschenden Begegnung, aus erster Hand auch inhaltlich Kenntnis von einer kleinen, sehr feinen Konzertserie in Hamburg, mit 5 Shows an 5 aufeinanderfolgenden Abenden und an sehr speziellem Ort, erlange. Noch in diesem Moment beschließe ich, eines oder zwei der Konzerte zu besuchen, ein perfekter Jahresauftakt mit drei Boss-Shows im Juni als meinem Kulminationspunkt der sommerlichen Open-Air-Saison 2025. Da fügt sich so viel zusammen, dass es fast schon kitschig perfekt wird. Was willst du mehr?

Beim Erwerb der begehrten Tickets habe ich die denkbar beste Unterstützung einer lieben Freundin, die vorzüglich in die Community rund um das veranstaltende Plattenlabel GHvC involviert ist. Der Bestellvorgang lässt mir nicht viel Zeit, einen der Termine auszusuchen. Pragmatisch, wie ich manchmal auch sein kann, entscheide ich mich für das Naheliegende: Nimm mal alle Abende, Haben ist besser als Brauchen, Ticketsuchende finden sich bestimmt, wenn es nötig ist.

Gesagt – getan: Am 17. Oktober klingelt der E-Postmann und legt mir die Tickets in die Mailbox. Läuft! Nun muss „nur noch“ die Übernachtung geregelt werden, das stellt sich mir nicht ganz so einfach dar, was in erster Linie daran liegt, dass mich die für meine Verhältnisse lange „Reisedauer“ (allein!) etwas abschreckt. Aber ich kürze hier mal ab: Ich buche die ersten drei Nächte, den Rest kriege ich, teils mit prominentem Support (Danke nochmal!), vor Ort auf die Reihe. Sagenhaft.

Es vergehen ein paar Wochen bis zum Jahresende, in denen ich mir wiederholt ausmale, was alles schiefgehen kann, dann ist es am 3. Januar endlich soweit, und das geht so:

5 Tage nicht zu Hause, eine halbe Dekade

Das Leben in vollen Zügen genießen

Am Anfang steht die Fahrt im überfüllten RE 1 von Schwerin nach Hamburg. Es sind so viele Leute im Zug, dass die berüchtigten Bergedorfer „Super Recognizer“ der BuPo mit Sicherheit für jede offene Personenfahndung eine/n Verdächtige/n „identifizieren“ könnten. Nur müssten sie es dazu erst mal in den Zug hinein schaffen.

Nach jedem Halt sorgt das Aufeinandertreffen der Reisenden, die in jedem Wagon aus beiden Richtungen kommen, für große Heiterkeit, jedenfalls bei den schon länger Mitfahrenden, die wenigstens noch einen Stehplatz ergattern konnten. Der Zugbegleiter bricht sogar die Fahrscheinkontrolle ab und tritt mit der trotzigen Aufforderung, wenigstens die Flucht- und Rettungswege freizuhalten, den Rückzug an. Selten so gelacht.

Auch die schönste Reise ist mal zu Ende, wir erreichen Hamburg Hbf. In meinem Kopf trällern die Lassie Singers etwas abgewandelt: „Türen auf, raus hier und dann nichts wie rein nach Hamburg …“

Bedhopping und „Hamburger Wetter“

Drei Nächte verbringe ich im Schanzenviertel und je eine am stilleren Ende der Reeperbahn und in der Holstenstraße. Hätte alles schlimmer kommen können, ich sage nur Zimmer über der „Mausefalle“ 2023. Das Wetter ist mit wenigen Ausnahmen so besch…eiden, dass sogar die Junggesellenabschiede wegbleiben, neben den kurzen Wegen zu Fuß eine weitere gute Seite der Quartierwahl.

Ich nutze die Zeit zwischen den Shows, um ausgiebig zu chillen, oder in den Regen-/Schneepausen mir das Viertel anzuschauen. Ganz ungewohnt, an der Feldstraße nicht alle 15 Schritte übermotivierten Kampfmaschinen ausweichen zu müssen. Sogar ein bisschen Sightseeing am berühmten Schulterblatt ist drin. Eine Stadtrundfahrt im roten HO-HO-Doppeldecker am Montagmittag krönt den touristischen Teil meines Aufenthaltes. Hummel-Hummel!

100000 Songs

Das Theater

Das St. Pauli Theater stellt an fünf ähnlichen, zugleich sehr unterschiedlichen Abenden eine, wenn nicht die Konstante dar. Jeden Tag öffnen die Türen pünktlich um 19:30 Uhr, bei dem kalten, feuchten Wetter dürfen Frühankömmlinge schon ein paar Minuten eher in den warmen Kassenvorraum. Das funktioniert gut und ohne Drängelei, zumal dank der festen Sitzplätze ein Großteil des Publikums „just in time“ eintrifft.

Ja, die Sitzplätze: Jetzt muss ich noch einmal „meine“ Kartenkäuferin loben, und zwar für die treffsichere Platzwahl, nämlich einmal 1. Rang links, dreimal 1. Rang rechts und einmal Parkett, Reihe A, dichter dran am Geschehen wäre ich nur noch auf der Bühne, und ich habe nun alle Seiten des Live-Performers Thees Uhlmann „close-up“ betrachten können.

Die Konzerte

Ich erwähnte bereits, dass die 5 Shows einem einheitlichen Konzept folgen, Kleine Unterschiede in Details wie Songauswahl und -reihenfolge oder Zwischentexte sorgen dafür, dass keiner der Abende in „Routine“ abgleitet, nicht vor und schon gar nicht auf der Bühne. Konstanten und somit „planbar“ sind:

  • „Danke für die Angst“ als Eröffnungssong, mit vorherigem „letzten Gebet“, gesprochen von David Nathan,
  • „Zum Laichen und Sterben …“ vor der Pause,
  • „5 Jahre nicht gesungen“ danach und
  • „Die Schönheit der Chance“ als krönender Abschluss

Ansonsten gibt es zwischen 22 und 24 Lieder, 13 davon sind jeden Abend dabei, wenn ich richtig gezählt habe. Ich schreibe sonst bei Konzerten gern mal heimlich die Setlist mit, wenn ich mich unbeobachtet fühle, aber das wäre hier wohl etwas schräg rübergekommen, so dass ich darauf verzichte und das Konzerterlebnis voll wirken lasse. Dafür gibt es ja auch das sog. „Setlist-Wiki“, wo ich häufig fündig werde. Eine 100-prozentige Richtigkeitsgarantie gibt es nicht, da das keinen „offiziellen“ Charakter hat, die Angaben zu den 5 Nights scheinen mir aber korrekt, hier zum Beispiel der finale Abend.

Wie schon das aktuelle Album bieten die Konzerte einen umfangreichen Einblick in Thees‘ Gesamtwerk mit Tomte und als Solist, angereichert mit persönlichen Anekdoten und Begebenheiten, für die der Platz auf Tonträgern nicht reicht. Wir hören Wissenswertes über Hemmoor, wer wo aus dem Zug steigt, was die Kinder da draufhaben, lernen Thees‘ Familie kennen, schreien den Namen seiner Tante und natürlich seiner Mutter, erfahren, was Rudolf Schenker zum Hannover-Song gesagt hat, und bilden zusammen den „Gefangenenchor“. Selbst die Frage, ob es nun 16 oder 17 Worte sind, wird erörtert, also auch an „innere Monks“ ist gedacht. Fußball-Team sind ZWEI Worte, der Songtitel kann also bleiben. Mein eigener innerer Monk meint dazu übrigens: Fußball sind auch zwei Worte, dann wären wir also bei 18. Feuer frei!

Wiederkehrendes Highlight ist ein Gastauftritt aus dem Publikum: an der Mundharmonika zu „Römer am Ende Roms“, einfach großartig. Viel Raum nehmen Grüße und Danksagungen an Freunde und Weggefährten ein, von denen nicht wenige persönlich anwesend sind, und nicht zu vergessen: Gedanken zum Thema psychische Gesundheit (Avicii!) Die fünf Nächte erweisen sich als großes, gelungenes Familientreffen, emotional und harmonisch von der ersten bis zur letzten Minute.

Ich bin froh, unter Überwindung aller Selbstzweifel bei allen Shows dabei gewesen zu sein, und auf kommende Auftritte, hoffentlich in meiner Reichweite, gespannt.

Diese Diashow benötigt JavaScript.

Hinterlasse einen Kommentar

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..