F.C. Hansa Rostock – SV Wehen Wiesbaden 1:4, 25. Januar 2025, Ostseestadion, 3. Liga, 21. Spieltag
Jubeljahre
Herzlich Willkommen im Jahr 2025, einem ganz besonderen, nämlich Jubeljahr. Über Herkunft und Bedeutung dieses Begriffes könnt ihr bei Wikipedia nachlesen, müsst ihr aber nicht. Kurz zusammengefasst: Das erste Jubiläumsjahr wurde für 1300 vom damaligen Papst Bonifatius VIII. ausgerufen, um es fürderhin alle 100 Jahre zu feiern. Aber wer kann und will denn so lange warten? Also ging man schrittweise auf 25 Jahre runter, passt ja auch besser mit kurzfristiger Terminierung, wie wir sie aus dem Ligaalltag kennen, zusammen. Etymologisch geht alles über mehrere Ecken auf (Widder-)Hörner zurück, aber auch das sei nur am Rande erwähnt.
Wie dem auch sei, wir stecken schon wieder mitten in einem solchen Jahr:
Kurz vor dessen Abschluss feiert unser F.C. Hansa sein 60. Jubiläum, wenn auf dem Wege dahin auch noch die von mir fest eingeplante Rückkehr in die 2. Liga gelingt, wir also den Widder umstoßen, kommen wir monatelang aus dem Jubeln gar nicht mehr raus.
Nun denn:
Keine Maultaschen bei Andrea
Den ersten Hansa-Torjubel im Jubeljahr erlebten wir in der 25. Minute. Merkt ihr was?
Ich konnte leider selbst nicht persönlich dabei sein, da ich mit der Herstellung meiner Schiffstauglichkeit für eine am Montag nach dem Spiel angesetzte „große Hafenrundfahrt“ beschäftigt war, für mich gab es also statt der legendären Maultaschen in der Fautenhau Alm* nur kernfreie und pürierte Kost vor dem Bildschirm.
*Die Reisenden vor Ort bekamen übrigens auch nichts, O-Ton Alm-Öhi: „Hansa Roschdock, Hochsicherheitsspiel, wir dürfen erst 16:30 Uhr öffnen.“ Aber Karma’s a bitch, und so folgte die Antwort auf dem Platz:
VfB Stuttgart II – F.C. Hansa Rostock 0:3, 18. Januar 2025, Andrea-Berg-Kampfbahn
Ich konnte erfreulicherweise eine „Korrespondentin“ vor Ort “embedden“, und so hat sie den Auftakt zum Jubeljahr erlebt:
Wir folgen unserm Club durchs ganze Land…….
Autorin: „Elsa“
Großaspach. Erste Auswärtsfahrt des neuen Jahres, quer durch Deutschland, 818 km, was tut man nicht alles für den FCH im Aufstiegsjahr? 😉
Viertelsechs Abfahrt ICE von Hamburg direkt nach Stuttgart Hbf. verlief zur Freude aller ereignislos, und das, obwohl man sich den Zug mit einigen Fans eines (noch) Erstligisten teilte. Es geschehen noch Zeichen und Wunder.
Von Stuttgart mit dem Regio in die Weltstadt Backnang und dann, dank eines Rostockers im westdeutschen Exil, mit dem Auto nach Großaspach. Beim Parken wurde uns schnell klar, dass wir ohne fremde Hilfe wohl nicht mehr da wegkommen würden, aber das war ein Zukunftsproblem.
Süddeutsche Landschaften, eine Blockhütte als VIP-Tribüne, Einlass und Verpflegung im Sitzbereich (ich bin jetzt in dem Alter) schnell und problemlos, Großaspach wusste zu gefallen. Keine wilde Bespaßung durch einen Stadionsprecher, Menschen die ihre Sitze von den Eintrittskarten suchen, praktisch keine Heim-Fans… es entstand fast der Eindruck, man ist Landesliga hoppen.
Den Spielbericht findet ihr auf der Seite unseres Vereins, mir bleibt nur zu sagen, dass es einfach schön ist, unsere Jungs wieder siegen zu sehen, die Freude auf und neben dem Feld und natürlich auf den Tribünen lässt einen jeden Kilometer und übermüdete Stunde vergessen. 3000 Hansafans machten immer wieder ordentlich Krach und so ein gemeinschaftliches AHU vor der Heimfahrt ist durch nichts zu ersetzen.
Wie geahnt mussten immer wieder ein paar kräftige Jungs anschieben, damit alle den Park-Acker verlassen konnten, und sogar ein Traktor kam zum Einsatz um die harten Fälle zu bergen. Es war einfach herrlich dörflich.
Pünktlich traf die Reisegruppe in Backnang wieder zusammen und die Heimreise wurde glücklich und zufrieden angetreten. Ein vorzeitlicher Regio brachte uns nach Würzburg, wo der zuerst fragliche Anschluss problemlos erreicht wurde, da der ICE Verspätung hatte. Auf die Bahn ist eben Verlass.
Mehr oder weniger geistreiche Gespräche und das obligatorische Sieges-Bier machten es zu einer kurzweiligen Fahrt und den Weg von Hamburg nach Rostock fährt das Auto mittlerweile selbstständig. Gute 24 Stunden Reisezeit, 3 Tore, 3 Punkte, 4 Punkte bis zur Relegation, ich muss wohl nicht schreiben, dass die Autorin dieser Zeilen anschließend gut geträumt hat.
Zurück in die Wirklichkeit
Soweit zum Traumstart. Bis hierher war der Text schon vor der Abfahrt zum Spiel gegen Wehen fertig. Wie kriege ich jetzt die Kurve zum realen Leben?
Spielbericht Hansa
Der Termin des Spiels gegen den SV Wehen könnte gar nicht besser ins Jubeljahr passen: 25. Januar, was soll da schiefgehen? Optimismus bestimmt die Spielvorbereitung. Am Expertentisch in der Trotzenburg sind bei meiner Ankunft gerade die Planungen für das Saisonfinale am 17. Mai in Hannover im Gange, Hoteltipps und Mitfahrgelegenheiten werden ausgetauscht. Unklar ist noch, ob wir dort schon aufsteigen oder vielleicht doch „nur“ die Relegation klarmachen wollen. Natürlich müssen wir bis dahin jede Menge Punkte sammeln, aber davon zu träumen, ist ja nicht verboten. Am besten machen wir heute gleich mit dem Sammeln weiter, schließlich sind wir die Nummer Eins der „Heimtabelle“.
Inzwischen wissen wir ja, dass es bis auf Weiteres beim Träumen bleiben wird. Dass wir jedoch dermaßen krass „geweckt“ werden, hat sich wohl niemand im hanseatischen Lager ausmalen wollen, aber wer weiß, wofür es gut ist? Unser Trainer braucht nach seiner Drei-Siege-Prognose zum Jahresbeginn nun hoffentlich erst mal eine Zeitlang nicht die lästigen, ewig gleichen Aufstiegsfragen der Medien abzuwimmeln.
Das Gästeteam aus Hessen erweist sich als überaus sicher in der Defensive, jeweils eine verheißungsvolle Strafraumszene für uns zu Beginn jeder Halbzeit reicht nicht, um Wehen nachhaltig wehzutun (haha). Wir haben (gefühlt) vielleicht mehr Spielanteile, aber es springt nichts Zählbares heraus. Die Gäste beherrschen dafür erfolgreiches Umschaltspiel, wie das (alb-)traumhaft herauskombinierte Führungstor zeigt.
Ist ein Traum eine Lüge, wenn er sich nicht erfüllt?
So fragt mein Lieblingsmusiker in einem seiner berühmtesten Lieder (Na, wer weiß es?), entstanden 1980. Heute, mehr als 40 Jahre später, reicht uns ein schlichtes Ja oder Nein natürlich nicht. Aber bis zur Antwort, unseren Traum betreffend, ist noch eine Menge Zeit. Dass wir weiterhin hoffen dürfen, ist das Schöne an der aktuellen Situation. Auf dass wir das nicht vergessen mögen, sandte uns der Fußballgott am Ende eines regenreichen, lichtarmen Spieltages dieses deutliche Zeichen, dass das Jubeljahr noch lange nicht zu Ende ist. Wo Licht ist, ist Hoffnung.
Hörtipp
Ich möchte euch gern einen dreiteiligen Podcast zur Geschichte der DDR-Oberliga (1949 – 1991) empfehlen, dessen ersten Teil ihr hier finden könnt.


