Bruce Springsteen & the E Street Band World Tour 2023
35 Jahre – ein Kreis schließt sich
19. Juli 1988. Ich bin zum ersten Mal auf einem Springsteen-Konzert: Berlin-Weißensee, ein einmaliges, unvergessliches Erlebnis. Was niemand der damals Beteiligten ahnen konnte, wurde nach den politischen Umwälzungen jener Zeit möglich: Bis 2016 konnte ich tatsächlich zehn weitere Shows mit dem Boss erleben: Berlin, Gelsenkirchen, Hamburg, Hannover, Leipzig und sogar Rom sind inzwischen in meinem Gedächtnis untrennbar mit SEINEM Namen verbunden.
Nun, im Juli 2023 ist wohl die Zeit für mich gekommen, das Kapitel „Springsteen live“ in meinem Leben zu vollenden, auch wenn man bekanntlich niemals nie sagen sollte. Und doch: Nicht mal der Boss kann sich dem Älterwerden entziehen, ob er nach 2023 noch einmal eine der legendären Welttouren nach dem üblichen Muster auf sich nehmen kann oder will, wer will das schon beurteilen?
Ich selbst überschreite noch in diesem Sommer eine magische Alterslinie. Dies und meine eigenen gesundheitlichen Erfahrungen der letzten fünf Jahre, lassen mich annehmen, dass auch für mich die Zeit der großen Stadionkonzerte abläuft. Besser, als eines Tages von dieser Erkenntnis überrascht zu werden, ist es natürlich, den Abschied bewusst, in Würde und mit Stil zu vollziehen, wozu mir kein Geringerer als „the man himself“ in wenigen Wochen im Rahmen seiner aktuellen Tour die Möglichkeit gibt. Also wird sich mit meinen Shows Nr. 12 und 13 in Hamburg und München der Kreis schließen und ich kann danach mit dem guten Gefühl, es noch einmal gepackt zu haben, sagen:
I miss you boss, good luck, goodbye
The price you pay
Nirgends bin ich Bruce räumlich so nahe gekommen wie in Hamburg 2003 (The Rising) und 2006 (Seeger Sessions) – beide Male hätte ich ihm auch ohne gigantische Tontechnik zuhören können, wären nur Band und Publikum nicht so unverschämt laut gewesen. Was für eine wunderbare Zeit, DIE Textzeile aus „Badlands“ war für mich Wirklichkeit geworden: „It ain’t no sin to be glad you’re alive“.
Beide Male genügte noch frühzeitiges Erscheinen, um in den bühnennahen Bereich zu gelangen, der damals in Fankreisen „The Pit“ genannt wurde. Die Idee, unter dem (euphemistischen) Namen „Front of Stage“ den Fans noch tiefer in die Taschen zu greifen, ließ nicht mehr lange auf sich warten und wurde mit Einführung zusätzlicher Areas, die dreist „FOS1, FOS2“ usw. genannt werden, immer mehr „perfektioniert“. Beim Vorverkauf für diese Tournee entdeckten findige Manager*innen die Möglichkeit, mit „dynamic pricing“ bei gleichzeitigem Splitting auf zahlreiche, mitkassierende Ticketanbieter und Zahlungsabwickler mit intransparenten Verkaufsphasen und „Packages“ die neuzeitliche Wegelagerei auf der Straße zu den Megaevents des 21. Jahrhunderts weiter zu pervertieren oder, um eine andere Zeile aus dem oben zitierten Song zu bemühen:
„Poor man wanna be rich, rich man wanna be king, and the king ain’t satisfied til he rules everything.“
Well played, JLM. Was könnt ihr dafür, dass die Leute euch einfach geben, was ihr verlangt? Vielleicht werden künftige Musikhistoriker und Ökonomen in der Rückschau über diese, unsere Gegenwart von der Phase der „FDP-isierung des Rock’n’Roll“ sprechen.
Das alles funktioniert ja auch nur, weil alle mitspielen. Alle, das gilt zwangsläufig auch für mich, ich habe Stunden am Rechner verbracht, neue Accounts registriert, bestehende reaktiviert, Passwords zurückgesetzt und … und … und … Habe gewartet, gehofft, geflucht, mitunter nicht mehr gewusst, an welcher Stelle des Kaufprozesses ich mich gerade verzettele, um am Ende, wenn endlich etwas im virtuellen Warenkorb lag, zuzugreifen, ohne Rücksicht auf finanziellen Verlust. Mit der üblichen Selbstberuhigung, dass es auf der Welt nur noch diesen einen Künstler gibt, für den ich das auf mich nehme, liegen nun seit drei Monaten die Tickets für das Volksparkstadion und das Olympiastadion in meiner Schublade.
Ich freue mich auf die Konzerte und werde hier darüber berichten. Nachdem ich nun genug gemeckert habe, soll mein finales Live-Erlebnis davon nicht weiter getrübt werden.
Further on (up the road), demnächst hier im Blog
Hamburg, Volksparkstadion 15. Juli 2023
München, Olympiastadion 23. Juli 2023
See you

29. Juni 2023 um 10:54
Toll – SUPER – Fantastisch geschriebn.
Gibt es etwas Besseres als Bruce-Springsteen-Konzerte?
Für mich persönlich nicht.
Nein, absolut nicht.
Selbst wenn ich es nicht schaffe, trotz gelgepolsterter Sneakers den ganzen Konzertmarathon über zu springen, zu tanzen und die Arme zu schwenken, so singe ich doch zumindest mehr oder weniger textsicher mit, lasse mich, energetisch aufgeladen, von der Wucht des Sounds, des Songwriting und der puren Lebensfreude mitreissen und bin spätestens beim Überstreifen des neuen Tourshirts nach Ende des Konzertes überzeugt davon, dass dieser Abend genau das absolut richtige für diesen Abend war, so wie er war.
Und das es an diesem Abend nichts Besseres hätte geben können.
Und überhaupt.
„Stay hard, stay hungry, stay alive if you can – and meet me in a dream of this hard land.“
28. Juli 2023 um 18:28
Wichtig war für mich das Lesen der Biographie. „BRUCE“, da kann man alles so richtig einordnen, auch, was die Musiker betrifft…
Danke nochmals für deinen Post, bin richtig ergriffen, bleib gesund ❗❗🙏❤️
28. Juli 2023 um 18:24
Ich finde diesen Bericht sooo zutreffend, ehrlich und enthusiastisch geschrieben, finde mich dabei selbst wieder. Ich war am 23.7.in München, es war auch schon mein 6. .Konzert, ich befinde mich immer noch völlig im Trance, es war sooo toll!! Ja, es stimmt, irgendwas war diesmal anders, die Sentimentalität vom Boss kam ganz deutlich zum Ausdruck, bei der homage an seinen verstorbenen Freund… The last man standing… I see you in my dreams… oder die immer wieder kehrenden Erinnerungsmomente an Clemons und Federici, er war so nachdenklich, der Boss, ich auch…… Ich behaupte, er ist der größte Musiker aller Zeiten, für mich definitiv ,ich liebe ihn und kenne alles was du schreibst, das Zittern beim „Kaufakt“ und die Freude wenn es geklappt hat zu moderaten Preisen 73 Euro für Stehplatz Rang, es war topp. Hatte Karten 1 Jahr vorher und habe gehofft, daß wir es alle „schaffen“, auch Bruce ❗🤔
Über die Emotionen beim Erscheinen auf der Bühne über weitere highlights während der Show fehlen mir die Worte, man muß es einfach erleben.
Könnte noch einen ganzen Roman schreiben…. Wo kann man deine weiteren Posts lesen.?
Ich bin auch nicht mehr ganz jung, glaube auch, daß es diese Shows in dem Ausmaß nicht mehr geben wird, aber auch weniger ist mehr, sind wir mal alle gespannt…. 🙏🙏
Was ich allerdings vermißt habe war, außer Patty, die Hymne.. Born in the USA… und einige andere…. Hungry heart… Waiting on a sunny day…tougher then the rest.. etc. Die sind eben doch Kult …. Was solls, sind wir dankbar..
Bleib gesund Bruce, we waiting on a sunny day.. in the next years ❤️❤️❤️
28. Juli 2023 um 22:03
Vielen Dank für die netten Worte, liebe Brigitte. Schön, dass du hierher gefunden hast.
Weitere Beiträge über Bruce findest du, wenn du in der rechten Spalte unter Kategorien „The Boss“ anklickst. Dann werden diese in umgekehrter Reihenfolge der Veröffentlichung angezeigt , der neueste also oben, das ist der Beitrag zum Konzert in München.
Danke nochmal und ein schönes Wochenende.