1.FC Magdeburg – F.C. Hansa Rostock 1:2, 12. November 2023, Heinz-Krügel-Stadion, 2. Liga, 13. Spieltag

Wo ich bin, ist Auswärtssieg.
Ein Bock für alle Fälle
Wer hätte das vor dem Spiel gedacht? Alois Schwartz und seine Mannen „ziehen das Glück auf unsere Seite“ (gehört in der Pressekonferenz) und tauschen den sagenumwobenen Bock in Magdeburg gegen drei Punkte ein, auf dass nun Christian Titz mit den „Größten der Welt“ das Umstoßen übernehmen möge, was dieser in der gleichen Pressekonferenz natürlich postwendend ankündigt.
Reise & Übernachtung
Angereist wird entspannt und pünktlich auf D-Ticket mit RE und S-Bahn über Wittenberge. Wieso bin ich eigentlich jemals mit dem Auto gefahren? Na ja, wer kann schon fast immer frei über den persönlichen Zeitplan entscheiden und einfach drei Tage für ein Spiel verbraten?
Für die Heimfahrt am Tag nach dem Spiel gönne ich mir in meiner Euphorie eine spontane Siegesprämie. Ich steige kurzentschlossen in einen IC nach Rostock, mit Halt in Schwerin, den ich überraschend auf dem Abfahrtdisplay entdeckt habe. Mit nur 15 Minuten Vorlaufzeit gelingt mir die Ticketbuchung per App und ich stehe auch noch rechtzeitig am Bahnsteig. Krass, wenn Netz und Realität Hand in Hand gehen. Höhepunkt der Reise ist, als die Passagiere aus einem Wagen mit ausgefallener Heizung per Borddurchsage ermuntert werden, in einen anderen umzuziehen: „Die Schulklasse mit 70 Grundschülern ist in Stendal ausgestiegen.“ Es lohnt sich immer, das Gute in allem zu suchen. Information für Freunde des Paulanergartens: Geklatscht hat niemand.
Spieltag
Mit der Straßenbahn zum Stadion und nach dem Spiel zurück zum Hotel – beides muss man wirklich wollen. Das beginnt schon beim Warten auf die richtige Straßenbahn, als einzige Person weit und breit ohne Merch-Artikel des Heimteams am Körper, was bekanntlich an jedem ostdeutschen Fußballstandort gut kommt. Aber wenn erst mal ein gewisses Alter erreicht ist, interessiert sich niemand mehr für einen, auch die ansonsten lautstark gegen Hansa pöbelnde Mädchengang aus Köthen („mit C!“) an der Haltestelle ist mehr damit beschäftigt, einer vorbeifahrenden Polizeikolonne wüste Schmähungen hinterher zu blöken, als dem langweiligen Opa ihre Aufmerksamkeit zu widmen.
Auf dem Rückweg zum Hotel nach dem Spiel wird die größte Herausforderung darin bestehen, mich beim Einsteigen mit einem Fuß bereits in der Bahn nicht von der in alle Richtungen drängelnden Menge unter den Wagen schieben zu lassen. Der Einstieg gelingt trotzdem, erstaunlicherweise setzt der Druck von draußen aus, als das Abfahrtsignal ertönt und wir können störungsfrei abfahren. Es geht doch nichts über einstudierte Abläufe und Laufwege, auch außerhalb des Stadions.
In der Stadt zurück wundere ich mich über die Idylle am Hauptbahnhof, dann erinnere ich mich, dass die An- und Abreise für Gästefans ja über einen anderen Haltepunkt geschieht.
Im Stadion
Vor dem Spiel treffe ich noch kurz Alex vom NurderFCM!-Podcast, wir tauschen Ergebniswünsche aus und spekulieren ein bisschen, welcher Trainerstuhl wohl der wackeligere wäre. Danach gehe ich zielstrebig an meinen Platz im Familienblock, der diesmal wesentlich mehr wie ein solcher auf mich wirkt als im Frühjahr. Ich sitze in der obersten Reihe am linken Rand und habe somit Rücken und Flanke frei. Zur Observation des Umfeldes hinsichtlich etwaiger „Späher“ aus der heimischen Szene reicht es heute, gelegentlich den Blick durch den Block und über die Aufgänge schweifen zu lassen. Ich bleibe unbehelligt. Niemand versucht, mir ein Gespräch aufzudrängen, nur der freundliche ältere Herr vom rechten Nachbarsitz raunt mir beim Einlaufen der Mannschaften zu: „Heute muss endlich was kommen.“ Da kann ich nicht widersprechen: „Ja, das sind für uns echt wichtige Punkte heute.“ Nachdem das geklärt ist, schauen wir beide dem Geschehen im Stadion zu, mit unterschiedlich wechselnder Anspannung und ohne gegenseitig zu nerven.
Dass das Publikum im Heinz-Krügel-Stadion sehr euphorisch mitgehen kann, wenn die eigene Mannschaft den Gegner über 90 Minuten komplett chancenlos lässt, bekamen wir beim letzten Spiel an gleicher Stelle demonstriert. DieTaktgeber auf der Nordtribüne haben es heute deutlich schwerer, eine ähnliche Resonanz zu erzielen. Am lautesten wird es kurz vor Wiederanpfiff zur 2. Halbzeit bei „Sweet Caroline“. Egal, wichtig ist auf der Anzeigetafel.
Ich befinde mich bei allen drei Toren auf Ballhöhe, was der bedauernswerte Magdeburger Torhüter heute leider nicht von sich sagen kann, des einen Freud‘ ist des anderen Leid. Sein Gegenüber, ohnehin einer der besten seines Faches in dieser Liga, wird dann zum „Unterschiedsspieler“ und entscheidet maßgeblich den Spielausgang mit. Gleichzeitig löst er damit eine weitere „Sternstunde“ der TV-Berichterstattung aus, im Feldinterview (Sportschau) wird Markus Kolke allen Ernstes gefragt, ob er heute auch ein vorbeikommendes Wildschwein komplett verspeist hätte, das „Gleichnis“ findet auch den Weg in die Spielzusammenfassung. Die Interview-Antwort: „Ich esse lieber Fisch.“ Lasse ich mal so stehen.
Schaut euch lieber ein paar Spielberichte an:
Damit gebe ich ab zur Länderspielpause, danach … wisst ihr selbst.