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Musik & Fußball

Pokal? Vielleicht nächstes Jahr wieder

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Pokalwochenende mit „Ländervergleich“ Mecklenburg-Vorpommern – Berlin

Das hatte die „Losfee“ (ich habe schon vergessen, wer da im Einsatz war) ja geschickt eingefädelt, und der DFB ließ sich bei der Terminierung auch nicht lumpen: Schönstes Bundesland gegen Hauptstadt, beide schicken innerhalb von 24 Stunden jeweils ihre beiden nach Ligazugehörigkeit Topteams ins Rennen, das kann ja nur geil werden. Na ja, das liegt immer im Auge des Betrachters, und wir wissen alle, wie es ausging: die in Berlin ansässigen Teams zogen in Runde 2 ein, im Großen und Ganzen ungefährdet und nicht wirklich überraschend.

Die Umstände ermöglichten mir, beide Spiele im Stadion zu sehen, wobei ich mit dem Resultat des „Vorprogrammes“ naturgemäß besser klarkomme, da ich einerseits zum GFC – anders als zur Stadt Greifswald – keinen persönlichen Bezug habe, mich andererseits seit vielen Jahren guter Beziehungen ins Union-Umfeld erfreue und die Köpenicker folgerichtig der einzige Berliner Verein sind, dem ich beim Feiern zuschauen kann, ohne mit dem Brechreiz zu ringen, und nicht nur das: Meist freue ich mich sogar richtig über ihren Erfolg. Habt ihr gewusst, oder? ODER?! Na, also.

Greifswalder FC – 1. FC Union Berlin 0:1, 17. August 2024, Volksstadion

Offiziell 4990 Zuschauer sind ins ausverkaufte Volksstadion gekommen, ich schätze, 800 bis 1000, vielleicht ein paar mehr, halten es mit Union.

Die Berliner spielen ihren Part auf dem Platz insgesamt geduldig herunter. Das sieht nicht besonders glanzvoll aus, aber es sind halt gut organisierte Gastgeber auf dem Platz. Wer hätte es gedacht? Letztlich reicht es für Union, der Gästeblock darf sich gemeinsam mit den Spielern über einen entspannten Nachmittag mit Pflichtsieg und solidem Support freuen, das akustische Kräfteverhältnis war erwartungsgemäß wesentlich deutlicher als das sportliche auf dem Platz.

Einen ausführlichen Spielbericht gibt es beim GFC.

 

F.C. Hansa Rostock – Hertha BSC 1:5, 18. August 2024, Ostseestadion

Nach dem Erreichen des Südpols, der Bezwingung des Mount Everest, dem Betreten des Mondes und der Fertigstellung des Flughafens BER ist der Menschheit eine letzte große Herausforderung verblieben: eine Fahrt mit Regionalzügen aus Vorpommern nach Rostock, wenn Hansa spielt. Muss man schon wollen. Heute will ich es, logisch.

In Greifswald erlebe ich am Bahnhof die erste Überraschung. Auf einer Bank an Gleis 1 sitzt einer und liest ein Buch. EIN BUCH! Respekt, die Tarnung der Späher wird immer raffinierter. Apropos Späher – ich bin äußerlich nicht als Hansafan auf dem Weg zum Spiel zu identifizieren. Ihr kennt ja alle diese Geschichten, die Überlebende einer Auswärtstour zu Hansa oft erzählen. Bin gespannt, wann ich das erste Mal angesprochen werde. Jetzt nicht, entweder setzt der seine Tarnung zu hundert Prozent um, oder der liest wirklich. Ist das noch „mein Vorpommern“?

Aber es wird noch besser, später fängt plötzlich einer an, auf der Mundharmonika zu spielen: „Bruder Jakob“, dann folgt „Kein schöner Land“. Ich habe einen schlimmen Verdacht: Zeichnet die BuPo mit ihren Bahnhofskameras vielleicht in Wahrheit lustige Filmchen für „Verstehen Sie Spaß?“ auf, statt pflichtgemäß harmlose Bürger*innen wie mich zu observieren? Ich verschwende keinen Blick an die Kameras (Medienprofi, der ich bin), der herannahende Zug nach Stralsund beendet die skurrile Szene.

Ortswechsel: Stralsund Hbf, zwischen Gleis 3 und 4: Hier muss ich umsteigen. Die Wartezeit auf den RE nach Rostock wird mit lustigen Durchsagen verkürzt, in denen Züge nach Rostock und Pasewalk, die zeitgleich abfahren sollen, im 30-Sekunden-Takt abwechselnd für Gleis 3 oder 4 angekündigt werden. Jetzt weiß ich, das IST die versteckte Kamera!!! Lustiger wäre natürlich, Gleis 5 und 6 mit einzubeziehen, denn da kommt die Unterführung ins Spiel. EM-Vibes stellen sich ein: Nach rechts! Nach links! … und so weiter …

Pro-Tipp an die Bahn: Überlegt doch mal, die automatisierten Durchsagen auszuschalten, wenn die so offensichtlich ein Eigenleben entwickeln. Erfahrene Stralsund-Umsteiger wissen sowieso: Von Gleis 3 nach Rostock geht nicht, außer man will künftig auf das Bahnhofsgebäude verzichten.

Die Weiterfahrt in die Hansastadt fasst ein alter Bahnwerbespruch am besten zusammen: Genießen Sie das Leben in vollen Zügen. Dass an solchen Tagen mehr Menschen reisen wollen, als Plätze im Wagon sind, ist nicht neu. Trotzdem schaffen es Teile der Menschheit, nicht, sich im Interesse der Gemeinschaft ein bisschen zurückzunehmen, um das „Fahrerlebnis“ für ALLE Reisenden so unbelastend wie möglich zu gestalten. Ja, ihr seid in einer Gruppe unterwegs zum Fußball, aber was können andere dafür? Einmal mehr bin ich heute froh, allein und „inkognito“ zu reisen, bevor noch jemand denkt, ich gehöre dazu.

Anmerkung: Das betrifft nicht alle Fans, die mit im Zug fahren, und ist auch nicht nur bei Hansa so, und dafür muss ich auch nicht extra durch Vorpommern fahren. Gruppendynamiken wirken überall, ist wohl auch eine Form von „in den Farben getrennt, in der Sache …“. Oft ist es ignorierbar, auch wenn es unglaublich nervt. Also, wenn möglich, Augen und Ohren zu und durch. Das funktioniert heute und ich begebe mich nach insgesamt ereignisloser Ankunft vom Hauptbahnhof zum Ostseestadion.

Und dort „passiert“ es: Ein „Greifzu“-Verkäufer vor der Nordtribüne mustert mich skeptisch und erkundigt sich, ob ich „irgendwas von Hansa dabei“ hätte, aber der Schal in meiner Jackentasche sorgt umgehend für Entspannung. Ich kenne doch die „Regel“.

Dann mal rein ins Stadion, zweites Pflichtspiel auf meinem neuen Stammplatz. Der Umzug ein paar Reihen nach oben macht sich schon bezahlt. Ich kann mehr vom Spiel erkennen, finde trotz meiner Probleme beim Erfassen von Situationen schneller wieder ins Spielgeschehen zurück, wenn ich mal kurz woanders hingesehen habe. Leider wird das Hansa-Spiel dadurch nicht besser, aber die brauchen nach dem Tausch der Trainerbänke bestimmt auch noch ein Weilchen. Kennen wir alles.

Zum Spielbericht von Hansa.

Ansonsten sagt das Ergebnis eigentlich alles. Sicher ist die Niederlage zwei Tore zu hoch ausgefallen, aber es wird einmal mehr deutlich, dass die sportlich unruhigen Zeiten weitergehen. Was mir nicht gefällt, dass offenbar schon wieder Sündenböcke in der Mannschaft gesucht werden, jedenfalls verstehe ich die in der PK auf OZ-Anfrage in einem Nebensatz geäußerte Feststellung des Trainers, Gudjohnsen müsse sich im Training „mehr reinhängen“, so: eine Steilvorlage, die das Blatt natürlich nicht liegen lässt. Selbstverständlich hat der Trainer jedes Recht, Kritik zu üben, auch öffentlich, aber ich mag es überhaupt nicht, wenn das benutzt wird, Spieler (egal wen) aus dem Kader herauszuschreiben. Na ja, so ist wohl „das Geschäft“, aber verbessert hat sich so, meiner Erfahrung nach, noch niemand.

Die Stimmung im weiten „Rund“ ist ganz anständig, phasenweise wird es richtig laut, wozu beide Fanlager beitragen. „Hansa forever“ knallt ordentlich rein. In einem Hertha-Podcast wird dies sogar positiv antizipiert, bemängelt wird aber, der Song wäre viel zu lang (drei Strophen!). Nun, liebe „HerthaBase“, das ist euch natürlich unbenommen, aber bitte bedenkt, dass wir das ja nicht für euer Entertainment machen. Wenigstens war euch das nicht für ein Heimspiel zu leise. Aber: Ein Vergleich mit dem „Badenerlied“ eurer merkwürdigen Freunde? Ich muss doch sehr bitten! Da habe ich dann leider abschalten müssen, ist aber nicht persönlich gemeint. Bestimmt höre ich das später noch zu Ende.

Und bei uns? Ich bin etwas irritiert über „Arbeitslos, kein Geld im Portemonnaie“. Reimt sich auf Spree, aber sonst? Was genau ist da der Diss? Ihr wisst doch: „Hansa Rostock und Hartz IV …“ , „Arbeitslos, wo andere Urlaub machen“. Oder ist das nur „Freundschaft mit den Gästefans, sie sind genau wie wir.“, nur mit anderen Worten? Egal, wir sehen uns ja nicht allzu schnell wieder, da können alle noch bisschen überlegen.

Eine letzte Sache noch: Es gibt ja bei manchen Chants selbsternannte Hilfs-„Capos“, die in den Atempausen immer „Lauter!“ schreien, dass ihnen fast die Stimmbänder überdehnen. Noch nie ist mir das so penetrant von außerhalb aufgefallen wie bei diesem Spiel. Wie brachial könnte mancher Ruf rüberkommen, wenn die ihre Energie in den eigentlichen Gesang stecken würden?

Scheiß auf Pokal, BVB II schlagen!

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