Mika Rissanen: Die Stadt Die Klubs Die Fans (Arete Verlag)

Europäische Fußball-Derbys voller Rivalität und Leidenschaft

*Anmerkung: Das ist ausdrücklich KEIN Aufruf zu Hass und Gewalt. Diese Aufforderung wird mitunter von Vorsängern eingesetzt, um bei Schmähgesängen aus ihrer „Kurve“ noch ein paar Lautstärke-Prozente herauszukitzeln. Wahre Support-Gourmets vermögen hierin sogar eine besonders „feinsinnige“ Form von Ironie zu erkennen, die ihre Wirkung erst in einem Mob mit  oberer dreistelliger Personenzahl entfaltet. Ist natürlich Geschmacksache. 😊

Was war eigentlich zuerst da, die Rivalität oder der Fußball? Was resultiert aus dem anderen, welche wechselseitigen Kausalitäten wirken?

Im Hildesheimer Arete Verlag erschien gerade ein interessantes Buch des finnischen Historikers Mika Rissanen, der mit dem Blick des Wissenschaftlers Entstehung, Historie und Erscheinungsformen einiger besonderer Fußball-Rivalitäten in Europa betrachtet. Für die vorliegende Essay-Sammlung hat der Autor elf Paarungen ausgewählt, die regelmäßig große Aufmerksamkeit auf sich ziehen, in den jeweiligen Ländern sowieso, aber auch im Ausland. Dass er diese in die Schublade „Derby“ einordnet, wird nicht überall Zustimmung finden, Puristen ziehen die Grenzen, wann ein Spiel den Titel Derby verdient, sehr eng, meist endet dieser Bereich an den jeweiligen Stadttoren, aber dieses Fass möchte ich jetzt hier nicht aufmachen. Alle ausgewählten Beispiele haben eines gemein, und zwar die besondere Bedeutung für die eingeschworene Anhängerschaft und eine besondere emotionale Auf- bis Überladung, die weit über den rein sportlichen Aspekt hinausgeht, als guter Grund, dieses Buch zu lesen und zu erwerben, ist „Derby“ im Titel, natürlich mehr als legitim.

Inhalt

„Old Firm“, „El Clasico“, das sind nur zwei Beispiele, in denen ein sportliches Duell ein solches Eigenleben entwickelt hat, eine solche Strahlkraft, dass Fußball-Interessierte nicht mehr als diese „Spitznamen“ brauchen, um sofort im Bilde zu sein.

In elf Kapiteln beschreibt der Autor anschaulich und informativ, wie die Spiele zu dem wurden, als was sie heute wahrgenommen werden, eine unterhaltsame Form von Geschichtsunterricht. Auf 192 Seiten haben wir ein handliches Nachschlagewerk, das man immer wieder gern zur Hand nimmt, wenn die Zeit gekommen ist, also der Spielplan es erfordert. Am Ende jedes Kapitels stehen ein paar nützliche „Key facts“, mit denen es sich gut in Quizrunden oder auf Hopperreisen brillieren lässt. Oder wisst ihr den erfolgreichsten Torschützen in der Geschichte des Belgrader Derbys?

Zu jedem Kapitel gibt es eine umfassende Quellenübersicht, wer es genauer wissen möchte, wird dort sicher fündig.

Übrigens hat es sogar das „Hassico“ (so nenne ich es jetzt einfach mal), eine vergleichsweise „junge“ Rivalität in Norddeutschland ins Buch geschafft. Müsst ihr natürlich selbst lesen.

Es trifft sich gut, dass der Historiker auch als Lehrer arbeitet, „perfect match“, wie es im modernen Sprachgebrauch heißt. Angenehme „Nebenwirkung“ der wissenschaftlich objektiven Herangehensweise ist, dass Mika Rissanen in keinem Fall Partei ergreift, was die Lektüre auch als „Betroffene*r“ ohne „Bauchschmerzen“ ermöglicht, eine klare Empfehlung für Beteiligte, die „schon lange nicht mehr interessiert, was andere … [über uns] denken“, ebenso für „Auskenner“, die vielleicht das Differenzieren lernen möchten.

Fazit: Uneingeschränkte Kaufempfehlung. Zur Verlagsinformation mit Leseprobe und Bestellmöglichkeit bitte hier entlang.

Herzlichen Dank an den arete Verlag für die Übersendung des Rezensionsexemplars.