Hannover 96 – F.C. Hansa Rostock, 12. März 2023, Niedersachsenstadion, 2. Liga, 24. Spieltag
Lost in Hannover
Die Anreise verläuft für unsere Verhältnisse geradezu mustergültig: Alle (ich wiederhole: ALLE!) Teilnehmerinnen und Teilnehmer erscheinen pünktlich an den vereinbarten Abholpunkten, die finale Zusammenführung aller Fahrzeuge nahe Hamburg gelingt bei voller Fahrt ohne überflüssigen Boxenstopp, vorbildlich.
Nur einmal gibt es kurz Irritation, als jemandem auffällt: Nur noch zwei oder drei Kilometer, und wir haben noch nicht ein Polizeifahrzeug gesehen? Die Lösung folgt auf dem Fuße: Während hektisch die Zieladresse aus der Faninformation mit der Navi-Eingabe abgeglichen wird, kommt uns auch schon ein Wasserwerfer entgegen. Wir sind da.
Der weitere Weg zu Fuß bis zum Stadion ist erheblich länger, als die Faninformation erwarten lässt, jedenfalls, wenn man vom entscheidenden Absatz nur die ersten und letzten Worte gelesen hat („Für PKW … in unmittelbarer Nähe des Gästeeingangs.“) und den nicht unwesentlichen Inhalt dazwischen gepflegt ignoriert. Wie dem auch sei, alle sind rechtzeitig an ihren Plätzen im Stadion, und das ist ja wohl das Wichtigste.
Fast zehn Jahre war ich nicht mehr im Niedersachsenstadion, mein letzter Besuch galt einem Gastspiel von Bruce Springsteen & the E Street Band, die im Mai 2013 in Hannover die Abrissbirne schwangen. Ich bewege mich daher praktisch auf unbekanntem Terrain, was mir nach dem Spiel beinahe zum Verhängnis wird, als ich auf dem Rückweg zum Parkplatz die Orientierung verliere. Ich „schwimme“ mit dem Strom der abwandernden Hansafans, bis mir das optische Gedächtnis einen bösen Streich spielt und mich unter der falschen Bahnunterführung langgehen lässt. Ich bemerke, dass vor mir gar keine Hansafans mehr laufen, sondern eine gut ausgerüstete Polizeieinheit. Dass die sich aber auch alle immer in Schwarz kleiden müssen!
Im Angesicht eines berittenen Trupps ziehe ich die Reißleine, sende einen kurzen telefonischen Hilferuf ab (Der Akku!) und gehe zurück in Richtung Stadion. Das ist einfach, ich muss nur den Hinterlassenschaften der Polizeipferde folgen, bis mich ein lieber Freund an der markanten Brücke Richtung Gästeeingang erlöst. Meine toleranten Mitreisenden verzichten darauf, mich zu beschimpfen, und ab jetzt verläuft auch die Heimreise fast völlig entspannt. Wieso fast? Vergesst es, was in Han(n/g)over passiert, bleibt auch da.
Auf und neben dem Platz
Was auch in Hannover bleibt, sind leider zwei Punkte, die wir gefühlt schon in der Tasche hatten. Verzeiht meine Euphorie, ich bin Fan, kein Experte. Das letzte Hansa-Spiel, das ich vorher gesehen hatte, war das gegen den KSC. Reicht, oder? Natürlich neigte sich das Pendel bei diskutablen Situationen und Entscheidungen diesmal zu unserer Seite, aber schämen werden wir uns dafür auf keinen Fall. Ein Punkt ist ein Punkt ist ein Punkt, wer weiß, wofür der noch mal gut ist. Inzwischen habe ich auch die Nach-Spiel-Pressekonferenz sehen können. Mein Höhepunkt: Nachdem 96-Trainer Leitl (Funfact: Patrick Glöckner nennt ihn „Stevie“) unmissverständlich klargestellt hat, er wolle kein Wort mehr darüber verlieren, stellt ein Journalist (von welcher „Zeitung“ wohl?) die Anschlussfrage, ob hinter der (angeblichen, d.A.) Häufung derartiger Dinge ein „System“ stecke. JETZT kann auch ich mich endlich uneingeschränkt über den Punkt freuen. Geht doch!
Ich erlebe das Spiel im Sitzplatzbereich Unterrang und denke, dass die Gästeblöcke einen passablen Auftritt hinlegen. Kein Wunder, ist doch die Supportkoordination heute „Chefsache“. Es gibt sicher nicht viele andere Profivereine, bei denen sich hohe Würdenträger um so profane Dinge wie den Stadiongesang persönlich kümmern.
Die örtlichen Gegebenheiten sind aber auch nahezu ideal, es wirkt ein bisschen, als wäre der Umbau des Niedersachsenstadions von vornherein besonders auf die Aufnahme großer Mengen an Auswärtsfans und deren Wohlgefühl ausgerichtet worden, die als „Gegenleistung“ den Ticketverkauf ankurbeln. Dass dabei auch noch fast ungehinderte Bewegung zwischen Heim- und Gastbereich möglich ist, fasziniert in der heutigen Zeit schon ein bisschen. Ich staune nicht schlecht, als mir beim Betreten eines WC ein herauskommender Zuschauer mit Hannover-Schal die Tür aufhält. Vielleicht wird ja doch irgendwann alles gut.
Wie gewohnt, sind hier noch abschließend die Links zu den „offiziellen“ Spielberichten:
Schlussfrage
Die „borge“ ich mir bei Thees Uhlmann:
Was wird aus Hannover, wenn die Scorpions nicht mehr sind? Denkt mal darüber nach. Und hört euch natürlich das Lied an.