Hanseator

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Eine Stadt in Panik

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Landespokal FC Mecklenburg Schwerin – F.C. Hansa Rostock 1:6, Sportpark Lankow, 17. April 2019

Das war ein hartes Stück Arbeit. Den Einzug ins Landespokalfinale haben wir uns aber sowas von verdient. Wir – das sind der F.C. Hansa Rostock und ich.

Die Mannschaft feierte im Halbfinale einen verdienten 6:1-Sieg nach seriösem Spiel (O-Ton Hansa-Trainer Härtel) beim ambitionierten Verbandsligisten in der Landeshauptstadt. Die unterklassigen Gastgeber lieferten durchaus eine beherzte Leistung, so dass sich das klare Endergebnis keineswegs das gesamte Spiel über abzeichnete. Für den Ehrentreffer war aber doch ein wenig Mithilfe der Rostocker Defensive nötig, aber es sei ihnen gegönnt. Aufgabe erledigt, im Finale geht es am 25. Mai in Neustrelitz gegen den Torgelower FC Greif. Anstoß wird dann übrigens um 10:30 Uhr sein, sehr zur Freude der zahlreichen Freunde des elektrischen Motorsports.

Deutlich schwieriger war es für die 1300 Zuschauer im Lankower Sportpark, der als einziger Platz in Schwerin über Flutlicht verfügt, weswegen das wesentlich größere Stadion am Lambrechtsgrund nicht für die Spielaustragung in Frage kam – eine willkommene Ausrede Begründung für die zuständigen Behörden, die Zuschauerzahl drastisch einzuschränken, „um deren Sicherheit zu gewährleisten“. Glaubt man den Verlautbarungen, ist die Sicherheitslage rund um ein Hansaspiel an Explosivität durchaus mit einer bei Bauarbeiten entdeckten Fliegerbombe vergleichbar. Ich finde es (mindestens) grob fahrlässig, dass eine Evakuierung des Stadtteils Lankow nicht wenigstens in Erwägung gezogen wurde. Eine schöne Gelegenheit für zahlreiche TV-Interviews mit einem berühmten Mecklenburger Polizeiführer verstrich so leider ungenutzt.

Ich bin dafür immer wieder beeindruckt, wie es kleineren Vereinen und Gemeinden gelingt, Pokalspiele gegen DEN Verein in unserem Bundesland als riesige Fußball- und Volksfeste zu feiern, stellvertretend seien hier genannt: SV Plate (2016, 1840 Zuschauer) Rot-Weiß Penkun (2017, 2500 Zuschauer) Bei anderen vergleichbaren Spielen, z. B. Polz 2015, Eldena 2017 war die Zuschauerzahl ähnlich „hoch“ wie jetzt in Lankow, aber zumindest wurden interessierte Fans nicht schon Wochen vor dem Spiel zum Fernbleiben aufgefordert. Auffällig war jedenfalls, dass die Gastgeber mit Ideen und Engagement die Herausforderung angenommen und für schöne Erlebnisse bei allen Besuchern gesorgt hatten.

Aber hey! Immerhin ausverkauft! Schäme dich, Schwerin!

Nun, da ich – seit 2003 in Schwerin lebend – , sofern es meine Gesundheit zulässt, auch gelegentlich Spiele des FC Mecklenburg besuche, gelang es mir tatsächlich, im Vorverkauf eine Tribünenkarte für das Pokalhalbfinale zu ergattern. Dass ich damit die strenge „Fantrennung“ ausgehebelt habe (wenn auch nicht als einziger), tut mir wirklich leid, aber wenn es euch beruhigt: Ich habe dafür einen hohen Preis gezahlt.

Ich durfte über die ganze Spielzeit die Gesellschaft eines halbdementen Wutrentners „genießen“, der gleich einem Wasserfall (nein, angesichts der erzählten Scheiße trifft es Durchfall wohl eher) ohne Unterbrechung seine von keinerlei Sachverstand getrübten Kommentare und Wertungen zu Spielgeschehen und Schiedsrichterentscheidungen auf den Platz hinaus schrie. Besonders eingeschossen hatte er sich auf den vierten Offiziellen am Spielfeldrand, der sich seiner Meinung nach nicht genug einmischte, um angebliche Fehlentscheidungen seiner Kollegen auf dem Platz zu korrigieren. („Dafür ist der doch da.“)

Ansonsten tat sich mein Sitznachbar durch immer unflätigere Beschimpfungen der Hansaspieler und -verantwortlichen hervor, so dass mir mehr und mehr Zweifel ob des mutmaßlichen Alters des senilen Schreihalses aufkamen. Vor allem Hansa-Sportvorstand Martin Pieckenhagen (früher mal eine Zeitlang Trainer in Schwerin) hatte es ihm nun angetan. Wichtig zu wissen: Was immer während Pieckes Schweriner Amtszeit hier erreicht wurde, gelang nicht dank, sondern trotz seiner Tätigkeit. Und dann hätte er auch noch Zuschauern Schläge angedroht, bloß weil die „Kritik“ geäußert hätten. Für mich war schon zu diesem Zeitpunkt klar: Wenn das auch solche Experten waren, war Piecke völlig im Recht, klarer Fall von Notwehr.

Während auf dem Platz der Spielstand für immer klarere Verhältnisse sorgte, verlor unser Freund zusehends die Fassung und damit auch das Gespür für angemessenes Verhalten im öffentlichen Raum, so dass ich mich dann doch mal genötigt sah, ihn zu etwas Mäßigung aufzufordern (seine Begleitung war dazu leider nicht imstande). Ich muss zugeben, dass ich meine Wortwahl auf seinen Wortschatz abgestimmt hatte: „Halt doch einfach mal die Fresse jetzt.“ Sorry! Jetzt hatte ich die Büchse der Pandora geöffnet:

Was ich überhaupt auf der Tribüne wollte, wir könnten ja mal einen Ordner holen. (Ja, bitte, mach mal.)

Er könnte ja auch mal meinen Schal etwas enger um meinen Hals ziehen. (Och, bitte, versuche das ruhig!)

Nachdem ihn nun auch seine Bekannten dezent an gewisse Zusammenhänge zwischen Lebensalter, Kreislauf und Herztätigkeit erinnerten, beließ ich es dabei und ertrug die letzten 15 Spielminuten geduldig und schweigend.

Sollte es euch mal zu einem FCMSN-Spiel in den Sportpark Lankow verschlagen, setzt euch auf die Tribüne. Ihr werdet ihn erkennen. Tickets gibt es immer ausreichend an der Tageskasse. Und zieht euch unbedingt die Vereinshymne rein. Mit dem Machwerk haben alle, die nicht beim Spiel zusehen konnten, wirklich etwas versäumt.

Und dann war da noch der Halbzeit-Auftritt von „7delux“, der Schweriner Antwort (hat eben ein paar Jahre gedauert, ist halt Mecklenburg) auf die Spice Girls. Aber die bekommen vielleicht mal einen eigenen Blog-Beitrag. Wer sich selbst schon mal eine Meinung bilden möchte, sollte sich mal bei Youtube, Instagram & Co. umsehen: „Schwerin ist geil“. Zu Risiken und Nebenwirkungen …

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