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Musik & Fußball

Auf einer grünen Wiese

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SG Sengwarden-Fedderwarden – SV Astederfeld 2:1, 20.11.22 Motodrom Halbemond (MC Norden), 2. Kreisliga Jade-Weser-Hunte

 Als ich anfing, regelmäßig zum Fußball zu gehen, wurde in den Fanblöcken ein Lied sehr gern gesungen, das ging so: Auf einer grünen Wiese zwei Tore aufgestellt …*

Fehlen noch ein Ball und zweimal elf Spieler, und los geht das Fußballspiel. Beschreibt das nicht perfekt, wie wunderbar einfach unser Sport mal war und sogar heute manchmal noch sein kann, auch wenn seine Erfinder wahrscheinlich sofort ihr Treiben eingestellt hätten, wäre ihnen vorhersehbar gewesen, was für ein Monstrum wir aus ihrem Baby eineinhalb Jahrhunderte später gemacht haben?

Aber heute ist mal Gelegenheit, wenigstens ein bisschen zu den Wurzeln zurückzukehren. Auf der Wiese, die wir besuchen, spielt zwischen den beiden Toren zwar nicht das beste Team der Welt, dafür streiten zwei Mannschaften um Punkte in der 2. Kreisklasse Jade-Weser-Hunte (JWH).

Ihr werdet sagen: 2. Kreisklasse JottWehDeh?! Geht’s noch, haben die da keine Freizeitliga? Wer will das denn sehen? Nun, es sind mehr Leute, als man glauben möchte. Schon im Vorverkauf gingen 650 Tickets über den virtuellen Tresen, zum Spiel erscheinen sogar 874 zahlende Freundinnen und Freunde des runden Leders. Nochmal: Fast 900 Zuschauer in der 2. Kreisklasse, oder, wie wir im Zeitalter der Globalisierung sagen: 10. Liga. (ZEHNTE LIGA!), Geil!

Zum Sportlichen kann ich, wie so oft, nur wenig sagen, bestenfalls könnte ich anhand von Spielereignissen eine Zusammenfassung basteln, das kann der BOT von Fussball.de aber wesentlich besser und vor allem schneller, von wegen digitales Neuland!

Kommen wir also gleich zum Drumherum:

Die Routenplanung für die Anreise legen wir vertrauensvoll in die Hände unseres Navi. Beste Lösung, denn niemand von uns war je zuvor wissentlich in der Gegend zwischen Aurich und Emden unterwegs. Interessant wird es im Nahbereich unseres Reiseziels, als wir über nicht existente oder wenigstens befestigte Straßen geleitet werden. Aber egal, Hauptsache, wir sind wieder weg, bevor vielleicht die Flut kommt.

Das Spiel ist als großes Hopper-Event angelegt und wurde seit Wochen beworben. Sage mal jemand, die „sozialen Netzwerke“ oder Messenger-Dienste wären für gar nichts gut. Tatsächlich erscheinen Fans aus allen Himmelsrichtungen und oft aus weit größeren Entfernungen als wir, natürlich auch mit sehr unterschiedlichen Vereinspräferenzen, die in einigen Konstellationen sicher so manchen „szenekundigen“ Schüttelfrostanfall ausgelöst hätten. Und da gibt es auch schon zwei gute Nachrichten:

Weit und breit sind keine identifizierbaren Polizist*innen zu erkennen. Sollten welche vor Ort sein, erledigen die einen unauffälligen und somit guten Job und nerven nicht. Geht doch. Sie bekommen es aber auch leicht gemacht. Niemand lässt demonstrativ oder provokativ den eigenen Verein heraushängen oder textet andere Leute zu, nicht im Motodrom und auch nicht draußen. Oft muss man sehr genau hinschauen, um irgendeine Zugehörigkeit ableiten zu können. Dafür treffen sich häufig gute Bekannte, so wird unserem „Knödel“ noch vor dem Einlass die entscheidende Frage gestellt: „Ihr macht dann wohl heute die ‚Hopperkasse‘?“ Dass wir da nicht selber draufgekommen sind.

Die Organisation läuft aus meiner Sicht als Gast perfekt. Die reservierten (und limitierten) Tickets, speziell gestaltet zum Anlass, liegen gut sortiert zur Abholung bereit. Auch Spätentschlossene wie ich bekommen noch eins ab (wichtig für das persönliche Archiv und die Gültigkeit des Punktes!). Vom Parkplatz über Ticketschalter bis zum Einlass läuft es wie am Schnürchen. Auch die wenigen Ordner erledigen ihre Arbeit unaufgeregt und ruhig. Allen Respekt dafür!

Die Stadionbeschallung ist angenehm: keine aufdringliche Werbung, keine „Hits“, die mir die Trommelfelle platzen lassen. Keine Autowaschanlage präsentiert irgendwas, Alles, was passiert, geschieht eben einfach. Punkt! Der Anlass der „Spielverlegung“ hierher (es ist ja nicht der Standardplatz der Gastgeber) wird kurz erwähnt und eingeordnet, ohne die über alle Kanäle verbreiteten Statements zum sportkommerziellen Megaevent dieser Tage noch einmal und immer wieder durchzukauen. Alle Anwesenden sind informiert, und so belasse auch ich es hier bei einem von Herzen kommenden FCK_QTR!

Auch die Versorgung lässt kaum Wünsche offen, es ist sogar vegane Bratwurst im Angebot, die ich zu gern probieren würde, aber die ist schon kurz vor dem Anpfiff ausverkauft. Diese Hopper lassen wirklich kein Klischee aus. Verhungern muss trotzdem niemand. Das Getränkeangebot ist Jahreszeit und Witterung angemessen, als geschickter Move erweist sich, dass an einem Stand ausschließlich Bier verkauft wird, das führt zu sehr zügigen Abläufen.

Und das „Stadion“? Die Anführungszeichen werden dem Motodrom als Fußballplatz nicht gerecht. Klar ist die Rennbahn rund um den Platz gewöhnungsbedürftig, aber man gewöhnt sich schnell daran, zumal Leichtathletikstadien bei oberflächlicher Betrachtung auch nicht anders aussehen. Es bleibt dabei: grüne Wiese und zwei Tore reichen erst mal.Ein beliebtes Fotomotiv sind die nicht wenigen Bauschäden auf den Stehtraversen, an denen wahrscheinlich Events mit weit höheren Besucherzahlen in erster Linie derzeit scheitern könnten, obwohl wirklich viel Platz vorhanden ist, aus meiner laienhaften Sicht würde ich mal eine Zahl zwischen 10.000 und 15.000 in den Raum werfen. das gibt nur die Infrastruktur (Verkehr und Versorgung) nicht her.

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Nach dem Abpfiff leert sich die Anlage schnell, auch vom Parkplatz, dessen Wiese uns bei stärkerem Niederschlag sicher in Schwierigkeiten gebracht hätte, kommen wir schnell weg. Funfact: Als ich vor dem Einsteigen meine gefütterte Jacke in den Kofferraum lege), leuchtet meine Hansa-Trainingsjacke gut sichtbar auf und ich spüre wie Nadelstiche die prüfenden Blicke aus einem Skoda mit Meißener Kennzeichen auf dem Emblem mit der roten Kogge. Dann müssen wir auch schon los. Oder, wie „Gruppa OF“ melden würde: Auf einem ostfriesischen Acker trennen sich Dynamo und Hansa leistungsgerecht 0:0.

Abschließend noch einmal, ich kann es nicht oft genug sagen, Respekt an alle Beteiligten für eine überaus gelungene Veranstaltung, gern wieder. Holen wir uns gemeinsam unser Spiel zurück! Danke!

(C) Video: „Knödel on Tour“ (YouTube)

*Jetzt wird es noch kurz nerdig: Als melodische Vorlage für diesen Gesang diente das „Andreas-Hofer-Lied (Zu Mantua in Banden)“, wer in der „Ehemaligen“ aufwuchs, kennt eher das alte Arbeiterlied „Dem Morgenrot entgegen“. Wusstet ihr, oder?

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