Die Iden des März (lat.: Idus Martii) verheißen gewöhnlich nichts Gutes, Julius Caesar könnte davon ein Lied singen. Es gibt aber durchaus angenehmere Möglichkeiten, die Monatsmitte zu einem Fest zu machen. Wenn man bei der Gelegenheit auch noch dem real existierenden „Frühling“ daheim entkommen kann, braucht es kein langes Überlegen. Die aktuelle Eiszeit in Mitteleuropa war bei Planung und Buchung der Reise, um die es im weiteren hier gehen soll, zwar nicht absehbar, verleiht der Unternehmung nun aber noch zusätzlichen Reiz.
Hauptziel der Tour ist der bevorstehende St. Patrick’s Day 2013, der in angemessener Umgebung stilvoll zelebriert werden soll. Dazu sieht das Programm in den Trinkpausen den Besuch des SPL-Spiels Celtic gegen Aberdeen, einen Tagesausflug in die Highlands und ein bisschen Sightseeing in Edinburgh vor.
Von Berlin aus gehen an den Start: Thommy – Inspirator, Organisator und „Reiseleiter“, sowie Rinne, Maici, Matze, Conny & Ajax, die in der Gruppe als Unioner fußballtechnisch klar in der Minderheit und froh darüber sind, das abendliche 4:2 im Zweitliga-Duell Kietzclub gegen Kiezclub, wo einem schon das Ergebnis ein Gähnen ins Gesicht treibt, nicht mit eigenen Augen ansehen zu müssen, dazu Basti, der es mit dem Wintersportclub Babelsberg 03 hält und, um wenigstens ein bisschen Fußballverstand im Team zu haben, der Hanseator. In Glasgow werden am nächsten Tag noch Ulli und Helge aus Offenbach die Gruppe komplettieren.
Wie bei jeder Flugreise steht am Beginn ein umfassender Sicherheitscheck für alle Mitreisenden an. Und hier kommt auch schon die erste Preisfrage: Fünf Unioner und ein Hanseat gehen nacheinander durch die Schleuse. Bei wem erklingt der Alarm? Merken Sie sich bitte die Antwort.
Nachdem das überstanden ist, genehmigen sich alle einen Abschiedstrunk im Kilkenny Irish Pub, der gleichzeitig schon einen Vorgeschmack auf DAS Gundnahrungsmittel der nächsten fünf Tage gibt: Cider. Die Zeit bis zum Start vergeht wie im Fluge, selbiger erweist sich dann ebenfalls als angenehm unspektakulär. Vor dem folgerichtig sanften Landeanflug werde ich allerdings doch kurzzeitig nervös, als ich hinter mir die Worte „final destination“ aufschnappe, beruhige mich aber schnell, als ich erkenne, dass sich nur eine Stewardess bei einem Passagier über dessen Reiseziel erkundigt hat. Nach einer Bilderbuchlandung ist es dann so weit, ich betrete zum ersten Mal schottischen Grund. Zum Glück bin ich nicht der Papst, so bleibt mir das Küssen des Bodens erspart.
Es folgt eine Fahrt in zwei Taxis zu unserem Quartier. Vor lauter Freude, dass er vorn sitzen darf, will Thommy gleich mal auf dem Fahrersitz Platz nehmen, erinnert sich aber noch rechtzeitig, dass wir jetzt im Land der Linksfahrer sind. Der Fahrer, zu Thommys Leidwesen ein „Blauer“, sieht darüber großmütig hinweg, vermutlich passiert ihm das täglich. Während der Fahrt erweist er sich beim Small Talk über Fußball, Fans, Ticketpreise, Whisky, St. Patrick, Gott und die Welt als angenehmer Plauderer, so dass wir an der letzten Kreuzung das Abbiegen verpassen, eine kleine Ehrenrunde drehen und dann die nach uns losgefahrene Truppe beim Aussteigen beobachten können.
Der weitere Plan sieht nun folgendes vor: Einchecken, kurz die Sachen auf die Zimmer bringen, dann Treff zum Begrüßungsrundgang im Zentrum. Das Einchecken zieht sich etwas hin, auch weil es entgegen der Buchung ein zweites Zimmer mit Doppelbett gibt. Mit Maici und Rinne finden sich aber schnell zwei Freiwillige, wobei beide nur mühsam ihre Euphorie unterdrücken können. Natürlich schaffen es die beiden dann auch nicht, die vereinbarten 5 Minuten bis zum Treff einzuhalten, wahrscheinlich können sie sich nicht einigen, wer an der Wand liegen soll. Es sei ihnen gegönnt, wir sind ja alle Menschen.
Als nächstes ist vorgesehen, zur Einstimmung auf die bevorstehenden Tage den frühen Abend bei Live-Musik in Waxy O’Connor’s Pub zu verbringen. Das sind vom Hostel aus ca. 10 Minuten Fußweg – theoretisch jedenfalls. Allerdings befindet sich auf dem Wege dahin ein Celtic Store, in den man ja „mal kurz“ reinschauen kann. Streng genommen liegt der Laden gar nicht direkt am Wege, aber mit Conny und Ajax haben wir zwei Reiseteilnehmer dabei, die von Schaufenstern, in denen nur ein Stück grünen Stoffes liegen muss, magnetisch angezogen werden. Was soll’s, uns treibt ja keiner. Nach dieser Anstrengung haben wir uns aber erst mal eine kleine Stärkung verdient, da kommt „The Goose“ gerade recht, nicht dass noch jemand dehydriert.
Dann geht’s weiter, auf direktem Wege zu „Waxy’s“. Ok, so richtig direkt auch wieder nicht, denn langsam meldet sich der eine oder andere Magen und fordert mehr oder weniger lautstark sein Recht. Da es gegen wenigstens eine solide Mahlzeit am Tag grundsätzlich nichts einzuwenden gibt, lassen wir uns kurzentschlossen in einem italienischen Restaurant namens „Paperino’s @ 78“ nieder, wo man uns in einen zwei Treppen hoch gelegenen Extraraum führt, der dann für die nächsten zwei Stunden zu unserem Gefäng… – äh Domizil wird. Speiseauswahl und –bestellung sind (für unsere Verhältnisse) schnell erledigt, die Lieferung zieht sich dann doch etwas in die Länge, wer sich eine Vorspeise (starter) gönnt, hat alles richtig gemacht. Wer das – so wie ich – versäumt hat, hilft einfach uneigennützig dem Tischnachbarn.
Die folgenden Hauptgerichte entsprechen dann durchaus den Erwartungen, nur Bastis Spaghetti Carbonara werden auf einem viel zu großen Teller serviert. Um den daraus resultierenden Resthunger irgendwie zu überspielen, baut Basti nach dem Essen einen Turm aus allen auf dem Tisch befindlichen Cider-Gläsern. Die sichtbare Freude am Spiel endet mit einem knackenden Geräusch, mit dem aus dem untersten Glas eine Ecke herausbricht.
Basti bemüht sich zunächst um Schadensbegrenzung und versteckt das corpus delicti in einem Wandschrank. Aber was, wenn die Bedienung die servierten Gläser gezählt hat? Lähmendes Entsetzen breitet sich aus, wie ein Schatten legt sich die Gewissheit über die anfangs so fröhliche Runde: Jetzt kommen wir hier nie wieder raus. Basti tut das einzig richtige: Er stellt sich, bevor wir zur Fahndung ausgeschrieben werden, und verschafft uns so freies Geleit. Über die Höhe der Kaution schweigt er seitdem beharrlich. Ich kann jetzt schon einmal vorwegnehmen, dass dies nicht die letzte Untat von Basti, dem Zerstörer, bleiben wird.
Inzwischen ist die Zeit fortgeschritten, die einsetzende Dunkelheit trübt im Zusammenspiel mit den verwinkelten „italienischen“ Treppen den Orientierungssinn und so irren wir auf der Suche nach „Waxy’s“ eine Zeitlang durch die benachbarten Straßen – das ersehnte Ziel zwar zum Greifen nahe, aber doch den Augen verborgen, bis uns ein hilfsbereiter Ordnungshüter den rechten Weg weist.
Dann sind wir endlich da, „Waxy O’Connor’s“ heißt uns willkommen. Ohne Livemusik zwar, dafür aber mit geöffneten Bars, glühenden Zapfhähnen und einer Atmosphäre, die mir, der ich erstmals zu Gast bin, den Atem verschlägt. Der Laden besteht aus mehreren separaten Bars, die über mehrere Etagen verteilt und mit Holztreppen verbunden sind. An den Decken und Geländern hängen bereits die Dekorationen für den bevorstehenden St. Patrick’s Day, in der unteren Etage werden Geschenke für die Party am Feiertag sortiert und verpackt. Wir machen uns es in der zentralen Bar gemütlich und lassen Musik und Stimmung auf uns wirken, den an dem Abend stattfindenden Rednose Day unterstütze ich bei der Gelegenheit auch gleich noch mit, gegen eine kleine Spende wandert eine leckere Erdbeer-Roulade vom Teller in meinen Magen.
Im Gegensatz zu den folgenden Tagen klebt Thommy heute noch nicht so an seinem Platz und so brechen wir zu vorgerückter Stunde noch einmal auf, da er uns unbedingt noch einen weiteren Pub zeigen will: „The Box“ – da soll es Punk geben. Wie bei jeder Wanderung gibt es auch hier nochmal einen kleinen Zwischenstopp in einer Bar, deren Namen ich mir leider nicht gemerkt habe, und danach suchen wir wieder ein Weilchen, finden diesmal aber das Ziel ohne fremde Hilfe.
Nachdem wir im Waxy’s schon keine Livemusik hatten, geht es in „The Box“ auch nicht so richtig punkig zu, was irgendwie konsequent ist. Inzwischen liegt auch ein langer Tag hinter uns, und so langsam bitten die geschundenen Körper um etwas Ruhe. Außerdem kriegen einzelne schon wieder Hunger (Basti nach seinem Seniorenteller Carbonara sowieso). Zeit also, einen letzten Trank zu verzehren und dann aufzubrechen.
Wir steigen in ein Taxi. Wohin soll es gehen? Essen gibt es auf jeden Fall im Chopstix, einem asiatischen Nudelrestaurant gleich neben dem Hauptbahnhof. Klare Ansage also: Central Station, Union Street. Der Haken ist: In der Union Street gibt es keinen Eingang zur Central Station. Da Thommy nun auch noch zu einer wortreichen Erklärung ansetzt, dass wir im Euro Hostel übernachten, das ja auch nicht so weit weg ist, und auch noch Appetit auf leckere Nudeln haben, versteht der Fahrer jetzt nur noch Bahnhof: Central Station? Euro Hostel? NOODLE STREET?! What the f…? Fucking Asshole! Letzteres gilt einem anderen, hinter uns hupenden Taxi, hoffen wir zumindest, während wir befürchten: Aus diesem Taxi kommen wir nie wieder raus.
…
Fortsetzung folgt.
Es folgen demnächst: