Hanseator

Musik, Fußball und manchmal auch ein bisschen Hansa

Aus neun mach‘ eins

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So schnell kann es gehen. Gerade noch den 1. FCM besiegt und auf der Euphoriewelle in Richtung Sehnsucht gesegelt, schon findet sich der Kummer gewohnte Hanseat zwei Wochen und drei Spiele später im vertrauten Jammertal wieder. Drei Spiele, die anstelle insgeheim erhoffter und rechnerisch ja auch möglicher neun oder wenigstens – nach dem jeweiligen Spielverlauf machbarer – fünf Punkte nun einen mageren Zähler einbrachten.

SV Werder Bremen II – F.C. Hansa Rostock 1:1, Weserstadion, 2. März 2018

Es ist finster und bitterkalt am Abend des Hansa-Gastspiels in Bremen. Das konzertbedingte rhythmische Vibrieren in den Knochen (Danke, FSF!) ist längst einem beißenden, unkontrollierten Frostempfinden gewichen. Und ich habe auch noch meine Handschuhe zu Hause vergessen. Die vom eisigen Wind verstärkte Kälte treibt uns vor lauter Verzweiflung sogar in den Werder-Fanshop. Während dort grün-weiße Osterhasen gemütlich in ihrem Regal kuscheln, bellt Grauzone „Ich möchte ein Eisbär sein …“ aus den Lautsprechern an der Decke. Wer möchte das nicht bei diesen Temperaturen?

Der Gästeblock wird bei diesem Spiel von offiziell 4400 Hanseaten bevölkert, auf dem kompletten West-Oberrang stehen die Fans dicht gedrängt und geben ein beeindruckendes Bild ab. Wir sehen das Spiel auf der nominellen Heimtribüne, die gegenüber dem Gästeblock den Vorteil hat, dass man auch ein bisschen vom Spiel sieht. Auch hier sind die dem FCH wohlgesonnenen Fans klar in der Mehrheit. Ein bisschen neidisch schauen wir trotzdem ab und zu nach links oben, wo im Verlauf des Abends immer wieder Fans zur Selbsthilfe gegen die arktischen Bedingungen greifen. Die Spieler haben ja wenigstens noch die Rasenheizung.

Egal, wichtig ist auf dem Platz, wie eine Bremer Trainerlegende gern zu sagen pflegte. Und da läuft es lange Zeit bestens für die Hanseaten. Nach einer knappen halben Stunde ohne nennenswerte Höhepunkte köpft Benyamina zur Gästeführung ein, von nun an hat Hansa das Spiel im Großen und Ganzen unter Kontrolle, leider ohne das auch im Ergebnis zu vermerken. Im Grunde kann sich die Mannschaft den Sieg nur noch selbst nehmen.

Gesagt, getan. „Hältst du mal kurz mein Bier, während ich den Ball kläre?“, bittet Nadeau seinen Gegenspieler, der sich aber lieber den Ball schnappt und im Alleingang Blaswich überwindet. Höchst ärgerlich, aber es sind ja noch fast 20 Minuten zu spielen. Dass sie Rückschläge wegstecken kann, hat die Mannschaft in dieser Saison mehrfach bewiesen. Heute gelingt dies leider nicht, alle Bemühungen zum Gegenschlag werden eingefroren, bevor es gefährlich werden könnte. Der Neun-Punkte-Plan ist somit schon nach dem ersten Spiel Makulatur, aber sieben Zähler sind ja auch nicht so schlecht. Wenn wir wüssten …

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FSV Zwickau – F.C. Hansa Rostock 1:0, Stadion Zwickau, 7. März 2018

Mitten in der Woche nach Zwickau – da kann man durchaus noch bis zum Mittag arbeiten und ist unter normalen Umständen trotzdem rechtzeitig am Spielort. Bedauerlich: In der Kantine gibt es heute Ente, aber für den Verein muss man auch mal Opfer bringen.

Die Berichte aus der alten Heimat von der sächsisch-thüringischen Wetterfront am Vortag verheißen nichts Gutes, zu allem Überfluss beginnt es in der Nacht vor dem Spiel auch in Westmecklenburg zu schneien. So wandern immer wieder nervöse Blicke zwischen Himmel und Handy hin und her, bis gegen 9 Uhr der FSV mit einem Foto des vom Eise befreiten Rasens grünes Licht für die Spielaustragung signalisiert, also gehen wir, wie geplant, um 12 Uhr auf die Piste.

Unser erster Weg am Zielort führt uns zum FSV-Fanshop, um die Akkreditierung für einen bekannten Hansa-Fotografen abzuholen. Der Laden ist gar nicht so einfach zu finden, unser Navi kennt zwar die Straße, akzeptiert jedoch die Hausnummer nicht. Vielleicht will der Hersteller unseres Mietwagens (Opel) aber auch vermeiden, dass wir in einer VW-Stadt herumfahren. Aber es gibt ja noch andere Möglichkeiten, und so finden wir letztlich doch den richtigen Weg. Die Lage des Fanshops ist clever gewählt. Nebenan befindet sich ein Obst- und Gemüsemarkt, vor der Tür werden in breiter Auslage Orangen angeboten. 28 Jahre nach dem Mauerfall gilt die alte Regel: Südfrüchte gehen in Sachsen immer.

Für mich ist es mehr als 40 Jahre nach meinem bisher einzigen Besuch (damals noch auf der Georgi-Dimitroff-Halde, im Sachsenring-Tor stand noch Jürgen Croy) das erste Spiel im neuen Stadion. Dieses fügt sich harmonisch in die VIII.-Parteitags-Plattenbau-Umgebung ein, Liebhaber des Wohnungsbauprogrammes und ostdeutscher Fußballkultur kommen voll auf ihre Kosten, und zwar in jeder, wirklich jeder Hinsicht. Die Stadionoptik wirkt insgesamt nicht ungefällig, mir ist nur nicht ganz klar, warum die Ecken zwischen den Tribünen nicht bebaut wurden. Vorteilhaft wirkt sich dies auf den Zustand des Rasens aus, der über mangelnden Lichteinfall und Frischluft nicht zu klagen braucht.

Im Gästeblock herrscht ordentliches Gedränge, 1100 Hanseaten haben sich eingefunden, um der Mannschaft den Rücken zu stärken. Mit blauen und weißen Regenponchos (wasser- und luftundurchlässig, die hätten wir in Bremen gut als Körperheizungen gebrauchen können) setzt der Block schon zum Intro ein schickes Glanzlicht, später wird dessen Wirkung noch mit wohl dosierten Leuchtmitteln und Rauch illustriert. Da sich auch die Heimseite diesbezüglich nicht lumpen lässt, was ebenso für den akustischen Support auf beiden Seiten gilt, darf der Abend im Stadion fantechnisch wohl durchaus als gelungen betrachtet werden, sieht man mal von den zwei Silvesterraketen in Richtung Platz ab, von denen eine knapp über den Köpfen der Spieler detonierte. Geht gar nicht.

Auf dem Platz lässt sich das Unternehmen Auswärtssieg gar nicht so schlecht an, nur bleiben wieder einmal die Tore aus, oder wenigstens eins. So kommt es, wie es kommen muss: Eckball Zwickau – Tor! Wie schon in Bremen um die 70. Minute herum, und genauso gelingt den bis dahin dominierenden Hanseaten in der Folge nichts mehr. Streng genommen dürfen wir noch froh sein, dass die Gastgeber in ihrer nun einsetzenden Drangphase nicht noch erhöhen. So bleibt es beim 1:0.

Die Abfahrt vom Stadion ist ein einziges Fiasko. Eine einsame Ampel, die unbeirrt ihr Programm durchzieht, obwohl der Verkehr sowieso nur ein eine Richtung fließt, sorgt für etwa zwei Kilometer Rückstau bis vor die Ausfahrt des Gästeparkplatzes. Dies nutzen ein paar abenteuerlustige mutmaßliche Einheimische dazu, die Insassen auswärtiger Fahrzeuge zu belästigen, beziehungsweise da, wo sie verschlossene Türen vorfinden, sich an Blechen und Spiegeln auszutoben. So plötzlich, wie sie auftauchen, ist der Spuk auch wieder vorbei.

Der Schaden an unserem Mietwagen ist relativ überschaubar, so dass wir ohne weitere Verzögerung die Heimfahrt antreten können. Mit dem Spiel beim FSV kann ich die 3. Liga groundmäßig als komplett abhaken, Zwickau kann dann gern weg. Vielleicht können wir vorher noch unseren Hanseaten „Pommes“ da rausholen, für den es übrigens vor der zweiten Halbzeit Beifall aus dem Block gab, der auch von ihm erwidert wurde – eine schöne Geste beiderseits. Mit der unnötigen Niederlage bleiben von unseren neun Punkten nun nur noch bestenfalls vier übrig. Zum Glück geht es nun gegen Spitzenreiter Paderborn, solche Spiele liegen uns ohnehin besser.

Ja, nee …

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F.C. Hansa Rostock – SC Paderborn 07 2:3, Ostseestadion, 10. März 2018

Was soll man hierzu noch sagen? Um ehrlich zu sein, der Sieg der Gäste ist durchaus verdient. Von Beginn an wird Hansa in der eigenen Hälfte unter Druck gesetzt, wie ich es in dieser Saison noch von keiner anderen Mannschaft erlebt habe. Schon da schwant mir nichts Gutes, allerdings sorgen die beiden frühen Tore doch für etwas ruhigeren Puls. Gleichzeitig bin ich erstaunt, diese Eiseskälte hätte ich unserer Mannschaft so nicht zugetraut. Da wir es sogar schaffen, die Führung mit in die Pause zu nehmen, bin ich guter Dinge, als es dann weiter geht.

Aber wie schon gegen Würzburg fällt schnell – zu schnell – der Anschlusstreffer für die Gäste. Leider schaffen wir es diesmal nicht, den alten Abstand wieder herzustellen, so dass Paderborn weiter am Drücker bleibt und sich am Ende für uns vom Zeitpunkt her mehr als unglücklich, aber eben doch nicht unverdient, die Punkte sichert. So spielt ein Spitzenteam, und das sind wir (momentan) noch nicht.

Auf den Rängen herrscht eine tolle Atmosphäre, wobei mir trotzdem unverständlich ist, warum nicht alle, die gegen Magdeburg im Stadion waren, wiedergekommen sind. Verdient hätte es die Mannschaft auf jeden Fall, sie hat allen Grund, stolz auf die Entwicklung in dieser Spielzeit zu sein. Und noch sind ja auch ein paar Spiele zu absolvieren. Selbst wenn es dann nicht für einen Platz unter den ersten dreien reicht, sollte auch der vierte Rang ein lohnendes Ziel sein. Die damit verbundene Qualifikation für den DFB-Pokal würde gleichzeitig einen weiteren Startplatz für einen Verein aus Mecklenburg-Vorpommern bedeuten, was dem Ansehen unseres Vereins ja durchaus nicht schadet.

Also, weiter geht‘s!

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