Broilers, „Alles wird wieder OK!“ Open Air, IGA Park Rostock, 11. Juni 2022
Gäste: Sondaschule, Dritte Wahl
Ist es möglich, mitten in einem stimmungsgeladenen, emotionalen Konzertabend komplett den Strom rauszunehmen, ohne den Stecker zu ziehen? Aber sowas von. Wie das geht, und wie lange es dauert alles wieder hochzufahren, erfahrt ihr im folgenden Text.
Sondaschule
Meiner persönlichen Tradition folgend, war der Auftritt der ersten Support-Band schon voll im Gange, während ich den Weg von der S-Bahn zum Eingang des IGA-Parks absolvierte, was einmal mehr die Notwendigkeit der Optimierung meines Zeitmanagements unterstreicht. Ich kann also leider nichts Substanzielles zur Performance sagen. Was ich aus der Ferne und mit zunehmender Annäherung optisch und akustisch wahrnehmen konnte, war die schon zu diesem frühen Zeitpunkt vorherrschende ausgezeichnete Stimmung und Lust am gemeinsamen Feiern auf und vor der Bühne, die sich beständig zunehmend durch den ganzen Abend zog. Als ich meinen späteren Platz erreicht hatte, verklangen leider die letzten Akkorde. Ein kleines Trostpflaster für mich war dann etwas später noch der kurze Gastauftritt mit Dritte Wahl. Wenn sich noch einmal die Gelegenheit ergeben sollte, werde ich pünktlich sein. Versprochen.
Dritte Wahl
Es ist nun wirklich keine bahnbrechend neue Erkenntnis, aber die Gelegenheit ist einfach zu günstig, mal wieder darauf hinzuweisen, dass sich ein Besuch bei Dritte Wahl immer lohnt, und wenn es nur für 10 Songs ist. Was mich bei solchen Gelegenheiten immer beschäftigt, ist die Frage, welche Lieder es wohl in das überaus enge Zeitfenster schaffen werden, verbunden mit der erleichterten Feststellung, dass ich über solche drängenden Fragen unserer Zeit zum Glück nicht entscheiden muss, ich wäre bei dem riesigen Repertoire schlicht überfordert. Den Zuschlag bekamen diesmal Songs aus einer Zeitspanne von 1996 bis 2022, wobei der Zeiger der Waage etwas mehr in die Jahre ab 2010 neigt. Alles in allem entstand eine gelungene Mischung von Songs zum Zuhören, Mitsingen und -tanzen, auch das neueste Werk, gerade erst frisch mit Video veröffentlicht, eroberte die Bühne. Gesamteinschätzung: eine ebenso kurze wie kurzweilige Show. Ein paar Worte des Dankes von Gunnar an das Publikum dafür, dass nicht schon alle abgehauen sind, dann verließen die Wahle die Bühne.
Das waren die gespielten Songs:
Der Himmel über uns * So wie ihr seid * Zu wahr um schön zu sein * Zum Licht empor * Zusammen * Das regelt der Markt * Der große Tag (m. Sondaschule) * Runde um Runde * Zeit bleib stehen * Fliegen
Wem, so wie mir, bei allem Verständnis für organisatorische Zwänge, das nicht gereicht hat, die/der möge sich den 27. August 2022 im Kalender markieren, dann steht das alljährliche DW-Sommerkonzert im IGA Park auf dem Programm. Save the date!
Broilers
Die während des Vorprogrammes beständig zunehmende Partystimmung erreicht ihren vorläufigen Höhepunkt, als, musikalisch vom Band illustriert mit Klassikern von Pennywise, Agnostic Front und Sham 69 die Headliner des Abends auf der Bühne erscheinen, zunächst noch hinter dem Vorhang. Als dieser endlich fällt, wird die Band mit tosendem Jubel begrüßt und zu den Klängen von „Zurück zum Beton“ nimmt ein rauschender Sommerabend seinen Lauf.
Es sollen so um die 9000 Besucher zum IGA Park gekommen sein, die Zusammensetzung des Publikums ist sehr vielschichtig, ich glaube mit einer Altersschätzung von 7 bis 70 lehne ich mich nicht zu weit aus dem Fenster. In der Menge finden sich Leute, die schon in den frühen Jahren der Broilers mit am Start waren und die Band seitdem treu begleiten, und auch viele (vermutlich die Mehrheit, mich eingeschlossen), die im Zuge des „Vanitas“-Albums dazugestoßen sind, oder einfach Neugierige. Und die nächste Generation rückt schon nach, Leute von der „Alten Schule“ haben ihre Kinder und vielleicht auch schon Enkel dabei. Die Flamme bleibt also zuverlässig am Glühen. Es ist richtig rührend zu sehen, wie Zehnjährige bei „Meine Sache …“ lautstark mitsingen und den Finger ausstrecken. Gut zu wissen: Unsere Jugend ist nicht verloren!
Zwei Stunden lang brennt die Luft über dem IGA-Park, ein großartiges Erlebnis, gerade nach dem Verlauf der letzten beiden Jahre, was zu betonen Sammy nicht müde wird. Und doch, damit sind wir bei der Eingangsfrage, ist ausgerechnet er es, der für einen kurzen Moment fast zum Partycrasher wird. Wie das? In der Anmoderation zu „Wie weit wir gehen“ unterläuft dem erfahrenen Frontmann ein schlimmer Fauxpas, als er davon schwärmt, wie schön es doch hier in Rostock sei, direkt mit der Nordsee vor der Haustür. Wie bitte? Verstörte, ungläubige Blicke überall, hat er das gerade wirklich gesagt? Ja, hat er, es wird ihm wohl auch sofort bewusst, was man der Performance einige Minuten lang anmerkt. Nun ja, wir sind alle Menschen, nur hören nicht jedem 9000 Leute zu, wenn er mal Blödsinn erzählt.
Die Leute in M.-V. sind für zwei Dinge berühmt: ihre unübertroffene Geduld und ihr unlöschbares Gedächtnis. In diesem Sinne: Scheiß drauf, Rostock hat jetzt bei den Broilers einen gut, einzulösen bei der (hoffentlich baldigen) nächsten Show. Ich persönlich bin nach etwa 15 Minuten „Lähmung“ wieder voll drin in der Show, da sind Stücke wie „Ruby“, „In 80 Tagen“ oder „33 RPM“ natürlich mehr als hilfreich. Die vollständige Setliste habe ich diesmal leider nicht parat, nennen wir es einfach den „Nordsee-Effekt“.
Es bleibt im Gesamterleben ein schöner Abend, und so schaue ich erwartungsvoll in die Zukunft: