Hanseator

Musik, Fußball und manchmal auch ein bisschen Hansa

Ganz in Weiß

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Hamburger SV – F.C. Hansa Rostock 0:1, 24. Juli 2022, Volksparkstadion, 2. Liga, 2. Spieltag

Tschüss, Uwe

Die ersten Absätze möchte ich dem Fußballer und Menschen widmen, dem vor dem Spiel von SEINEM Verein und Publikum in SEINEM Stadion ein bewegender Abschied bereitet wurde. Seine große Karriere hatte ihre Höhepunkte lange, bevor ich mich überhaupt für Fußball zu interessieren begann. Nun bin ich sehr froh, dass ich ihn in den 1990ern einmal auf dem Rasen erleben durfte, als er mit seiner Traditionself zu einem Benefizspiel für die neue Mehrzweckhalle in Dorf Mecklenburg antrat. Es sollte meine einzige Begegnung mit Uwe Seeler bleiben, nun ist es für immer.

Der Abschied der Hamburger von ihrem großen Idol geschieht in würdiger Form, auf der Nordtribüne wird eine Choreographie für den Verstorbenen gezeigt, der frühere Tagesschausprecher Jo Brauner  findet unter dem Applaus aller Anwesenden angemessene Worte voller Sympathie für den sympathischen, bescheidenen Sportler und Bürger Hamburgs, die stille Anteilnahme des Publikums verleiht der kurzen Zeremonie eine  andächtige Atmosphäre, die alle, die es erleben durften, sicher lange in ihren Herzen bewahren werden.

Ich bin beeindruckt, wie das Gedenken von allen Fans im Gästeblock mitgetragen wird. Es kommt zu keinerlei Störungen oder Zwischenrufen, im Gegenteil: es gibt wiederholt Applaus, viele Hansafans stimmen sogar in die „Uwe! Uwe!“-Sprechchöre mit ein. Ja, auch so kann Fußball sein. Ich bin mir sicher, Uwe Seeler hätte es gefallen, wie sein geliebter Sport die Menschen heute enger vereint hat als jede der zahllosen Sonntagsreden über „Brüder und Schwestern“ einst im Bonner Wasserwerk.

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Schwierig, jetzt ohne Bruch zur „Tagesordnung“ überzugehen, aber irgendwie muss es ja weitergehen.

Ganz MV ist cool

Es ist mein 12. Fußball-Besuch im Volksparkstadion seit 1997, davon nun neunmal mit Hansa. Meine persönliche Bilanz vor dem Anstoß ist wenig ermunternd: Sechs HSV-Siege, ein Unentschieden, nur einmal konnte Hansa gewinnen, das war 2001, höchste Zeit also, um nachzubessern.

Im Gästeblock unterstützen 6000 Fans die Hanseaten, das Motto zur Fahrt hätte von Roy Black stammen können: „Ganz in Weiß mit einem Hansaschal, ja so holen wir den DFB-Pokal.“ Ist (heute) natürlich Unsinn, aber ich brauche einfach den Reim.

Dass auch andere bei ihren Dichtversuchen auf abstruse Ideen kommen, führt uns während der zweiten Halbzeit ein Teil der HSV-Szene anschaulich vor. Eine inhaltliche Bewertung verkneife ich mir hier, denn unser Verein und Fans haben bei dem plakatierten Thema leider selbst Veränderungen mehr als nötig.

Auf dem Platz entwickelt sich ein insgesamt sehenswertes Spiel, in dem es Hansa gelingt, die erwartete Angriffswelle des HSV auszubremsen oder gar nicht erst entstehen zu lassen. Kein Vergleich zu unserem 0:3 letzte Saison an gleicher Stelle. Unsere Defensive wirkt gut organisiert, mit großer Laufbereitschaft steht da ein wirkliches Team auf dem Platz. Schon zur Halbzeit macht sich heimlich das Gefühl breit, dass wir hier heute wohl nicht punktlos nach Hause fahren werden.

In der zweiten Halbzeit kann unsere Mannschaft auch offensiv mehr Akzente setzen, lässt dabei sogar gute Torchancen aus, so dass ich mehr und mehr denke, dass es doch insgesamt enttäuschend wäre, hier heute nicht zu gewinnen.

Von den Rängen euphorisch unterstützt (auch beiderseits des Gästeblockes haben sich größere weiße Flächen gebildet), lässt die Mannschaft großen Siegeswillen erkennen, so dass bei der Bekanntgabe der Nachspielzeit (8 Minuten) zwar das Zittern beginnt, aber ein freudiges, bis nach 4 Minuten Kevin Schumacher mit seinem ersten Tor für Hansa den Funken für eine totale Explosion des Hansa-Anhangs zündet. Ich weiß gerade nicht, wann ich auswärts zuletzt dermaßen durchgedreht bin. Für diesen Torjubel gibt es keine Worte. Wegen solcher Momente fahren wir zum Fußball.

Bestens gelaunt singt der Gästeblock die letzten Minuten zu Ende, die Vorsänger haben nur noch ein bisschen zu koordinieren, wie immer, wenn die Elf auf dem Platz das „Einpeitschen“ übernimmt. Nun wird endlich auch ein bisschen gestänkert, der Liga2-Remix des beim HSV früher so gern gesungenen Twisted-Sister-Titels lässt das Dach des Volksparkstadions vibrieren. Jetzt muss da wirklich langsam etwas gemacht werden.

Die Heimfahrt nach dem Spiel ist fast ein Selbstgänger, nur unser Navi lässt uns eine kleine Ehrenrunde drehen, so dass wir sogar noch von der Feldstraße aus dem anderen Gästeblock in Hamburg zuwinken können.

In der Liga haben wir nun nach zwei Spielen einen Punkteschnitt von 1,5. Nein, ich rechne das nicht auf die Saison hoch, aber man wird ja noch träumen dürfen. Aber nachdem die neue Saison schon wie die letzte begonnen hatte, darf sie auch gern wie jene enden.

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