Hanseator

Musik, Fußball und manchmal auch ein bisschen Hansa

We all live in a yellow submarine

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Der heutige Artikel tanzt thematisch etwas aus der Reihe. Es geht zwar um Musik, genauer gesagt um die Aufführung von Musik, allerdings nicht so wie in anderen Beiträgen hier im Blog. Dennoch handelt es sich um Musik, die ich gern höre – nicht mehr so oft wie in früherer Zeit, aber oft und gern genug, um dafür sogar mal ins Theater zu gehen.

Man sollte überhaupt viel öfter ins Theater gehen, ehrlich. Immerhin waren regelmäßige Besuche dort während meiner Schulzeit, die zugegebenermaßen schon ein paar Tage zurück liegt, etwas völlig selbstverständliches. Per Abonnement (oder „Anrecht“, wie es damals hieß) kamen Schüler seinerzeit ab der 5. oder 6. Klasse sechs- bis achtmal pro Schuljahr in den Genuss altersgerechter Aufführungen aller Genres – Schauspiel, Sinfoniekonzert, aber auch Oper oder Ballett – im Landestheater Altenburg.

Die auftretenden Künstler hatten es damals nicht immer leicht, man muss sich einfach nur mehrere hundert 12- bis 16-jährige im Schutze der Dunkelheit des Zuschauerraumes vorstellen, die zu drastischen Meinungsäußerungen neigen, wenn ihnen ein Stück nicht gefällt. Ich erinnere mich in diesem Zusammenhang sogar an den Abbruch einer Vorstellung, als einer der Darsteller auf der Bühne von einer Stahlkrampe getroffen wurde. Der Übeltäter wurde nie gefunden und prahlt sicher heute noch mit seinem schändlichen damaligen Tun.

Abgesehen davon verbinde ich jedoch mit Theaterbesuchen ausschließlich angenehme Erinnerungen, denn es gab eine Menge hochklassiger Veranstaltungen zu sehen, die – auch wenn man das damals nicht wahrhaben wollte – die eigene Bildung und Erziehung bereicherten. In meinem Abiturjahr hatte ich dann sogar noch die Gelegenheit, das Theater aus einer anderen Perspektive zu erleben, in einer gar nicht so kleinen Statistenrolle (ohne Text, aber mit Tönen, und zwar aus meiner eigenen Trompete) konnte ich mich in „Turandot, Prinzessin von China“ auf der Bühne austoben, deren Bretter für mich erfreulicherweise nicht nur die Welt, sondern auch noch eine kleine Aufbesserung des Taschengeldes bedeuteten – immerhin 10 Mark pro Vorstellung brachte mir mein „Engagement“ ein.

Viele Theaterbesuche sind seit damals nicht mehr dazu gekommen, neben anders gelagerten Interessen spielt – besonders nach dem politischen Umbruch 1989/90 und dem damit verbundenen Wegfall der großzügigen Kunst- und Kultur-Subventionierung – natürlich auch der eigene Geldbeutel eine nicht unwesentliche Rolle. Ein bisschen Kommunalpolitiker steckt da wohl in jedem von uns: Wenn es eng wird, wird als erstes an der Kultur gespart.

Dabei entgeht einem aber so manches, wie ich gerade feststellen durfte. Durch einen Zeitungsartikel war ich auf ein interessantes Projekt am Mecklenburgischen Staatstheater Schwerin aufmerksam geworden: Unter dem Titel “We all live in a yellow submarine” bietet das Schauspielensemble einen Abend mit eigen(willig)en Interpretationen von Liedern der Beatles, dessen Besuch ich jedem nur wärmstens ans Herz legen kann. Premiere hatte das Stück am 31. Dezember 2012, ich selbst hatte nun am 17. Januar das Vergnügen.

Der Abend stand zunächst im Zeichen des Dankes an den scheidenden Vorstand der Sparkasse Mecklenburg-Schwerin, der in dieser Funktion immer auch als engagierter Förderer der Gesellschaft der Freunde des Mecklenburgischen Staatstheaters aktiv war.

Dann gab es einen musikalischen Geburtstagsgruß vom Chor der Regionalschulen Banzkow und Cambs, die unter den konzentriert blickenden Augen des im Parkett anwesenden Kultusministers der Mecklenburgischen Staatskapelle zum 450jährigen Bestehen gratulierten. Der Auftritt der Schüler erfolgte nicht von ungefähr, denn der bereits erwähnte Verein der Theaterfreunde ermöglicht mit Ticketsponsoring regelmäßig Kindern und Jugendlichen den Besuch von Vorstellungen im Theater. Auch zur heutigen Vorstellung waren viele junge Leute im Publikum anwesend, die ihr Kommen sicher nicht bereut haben.

Dann konnte es aber endlich losgehen. Es sollte ein beeindruckender, stimmungsvoller Abend werden, der zum einen Erinnerungen an eine großartige musikalische Epoche wiederbelebte, andererseits aber auch durch ungewohnte Interpretation und ihre szenische Umsetzung mehr und weniger bekannte Beatles-Songs in ganz neuem Licht (und das im wahrsten Sinne des Wortes) erscheinen ließ.

Das fing an mit einem unglaublich effektvoll gestalteten Bühnenbild, das fast völlig ohne Kulissen auskam. Lediglich eine Telefonzelle durfte „mitspielen“, ansonsten schufen Wände, Tücher, Vorhänge und vor allem faszinierende Farbkontraste und das Wechselspiel von Licht und Schatten eine ganz eigene Atmosphäre, der sich das Publikum nicht entziehen konnte – selbst wenn es das gewollt hätte.

Ich will hier jetzt keine genaue Ablaufbeschreibung des Abends geben, das wäre angesichts der Fülle von Eindrücken auch kaum möglich. Außerdem stehe ich ohnehin auf dem Standpunkt, dass man Musik nicht beschreiben, sondern hören sollte.

Dargeboten wurden die Songs mal in starker Anlehnung an die Originale, dann wurden deutsche Textübersetzungen vorgetragen, und schließlich erklangen ganz spezielle Arrangements, die manchem Lied eine neue Dimension verliehen.

Besonders eingeprägt haben sich mir die folgenden Stücke:

Michelle in einer instrumentalen Fassung – hierzu nahmen die Musiker der ausgezeichneten Begleitband nacheinander ihre Plätze ein und konnten sich auch solistisch kurz vorstellen.

While my guitar gently weeps & Here comes the sun – wenn man es nicht ohnehin schon wüsste, spätestens hier wurde noch einmal deutlich, welch begnadeter Songschreiber George Harrison war.

Relativ dicht am Original waren Blackbird oder Fool on the hill, aber auch hier konnten die Interpreten ihre persönliche Note einbringen.

Yesterday war die wohl gelungenste „Verfremdung“ eines Klassikers – hier faszinierte die Illustration des bewusst unspektakulären Gesanges, der nicht die geringste Ähnlichkeit mit der McCartney-Stimme im Original hatte, mittels tanzender Schatten im Hintergrund – ein wirklich herausragender Moment.

Fast perfekter Satzgesang aller Akteure charakterisierte die Magical Mystery Tour, bei Let it be sorgte besonders der gospelartige Chor für Gänsehaut, ebenso wie die beklemmende Vision der Einsamkeit bei Eleanor Rigby.

Auch der Spaß kam nicht zu kurz, Highlights waren hier Maxwell’s Silver Hammer mit morbidem Witz und die geniale „Nacherzählung“ der Geschichte von Desmond & Molly Jones – beim Refrain „Ob – La – Di, Ob – La – Da“ sang das Publikum dann schon automatisch mit. Und schließlich die Zugabe: All my loving wurde eine Art “Reise nach Jerusalem”: sechs Frauen bemühen sich um fünf männliche „Stühle“, wer übrig bleibt, bekommt keinen Kuss.

Es gab noch so viel mehr zu sehen und hören, aber das würde einfach den Rahmen sprengen.

Aus der tollen Ensemble-Leistung sollte eigentlich niemand herausgehoben werden, aber einen besonderen Liebling hatte ich doch, und zwar die Jüngste auf der Bühne: die vor Energie nur so sprühende, flippige Caroline Wybranietz, die mit ihren lebensfrohen Interpretationen immer rechtzeitig zur Stelle war, bevor es kitschig zu werden drohte.

Alles in allem – und jetzt wiederhole ich mich gern – war es eine großartige Aufführung, die jeder, der Beatles-Songs mag, gesehen haben MUSS.

Also: Geht doch mal wieder ins Theater.

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